
Der unterhaltsamste Verein Deutschlands kommt aus Spandau
n-tv
"Hier is real", verspricht Eintracht Spandau. Und lügt. Oder? Das Sport-Projekt setzt seit der Gründung 2021 auf einzigartige Öffentlichkeitsarbeit, die bisweilen sogar Medienprofis wie Mats Hummels überfordert.
Spandau liegt zwischen Stromberg, Wrestling und Ted Lasso. Zumindest die Spandauer Eintracht. Sportlich ist zu dem Team relativ schnell alles gesagt: 2021 gegründet, seitdem in der deutschen E-Sport-Szene mit eigenem League-of-Legends-Team vertreten. 2024 kam die Teilnahme am Hallenfußball-Projekt "Baller League" dazu, dem Mats Hummels und Lukas Podolski vorstehen. Doch es sind nicht die sportlichen Leistungen, die Eintracht Spandau zu so einem speziellen Projekt machen, sondern alles andere. In den vergangenen Jahren sind Sport-Dokus zu einem Trendthema geworden. Mal mehr, mal weniger gut versuchen Sportvereine aller Disziplinen ihrer Saison ein Narrativ überzustülpen. Die sportliche Vorlage ist dafür entscheidend. Während sich Meisterschafts- oder Abstiegskampf noch spannend erzählen lassen, ist eine solide Saison, die auf Rang 10 endet, nicht gerade der Stoff von dem Regisseure träumen.
Eintracht Spandau dreht den Spieß um. In den Geschichten, die die Eintracht von sich erzählt, stehen Ergebnisse nur selten im Fokus. Stattdessen spinnt ein Kreativteam seit Gründung des Klubs an einer Art fiktiven Begleit-Soap. Hauptdarsteller in den Videos ist häufig "Präsident Knabe". Der wunderliche alte Mann wird vom Streamer "HandOfBlood" verkörpert, der mit bürgerlichem Namen Maximilian Knabe heißt und Mitgründer der Eintracht ist. Weitere Mitarbeiter der Eintracht unterstützen ihn. Etwa der sportliche Leiter Kevin Westphal, der eine tollpatschigere Version seiner selbst spielt, die nur ans Essen denkt. Oder Nastassja Strobel, die, eigentlich im Videoschnitt tätig, vor der Kamera zur Pressesprecherin "Frau Strobel" wird und dem Präsidenten die Stirn bietet. "Es ist wie Stromberg, nur ist unser Büro halt ein E-Sport-Team", erklärt Westphal das Konzept.
Statt schnöder Spielberichte sieht man etwa dem Präsidenten Knabe dabei zu, wie er vom Fanliebling zur Persona non grata wird, die letzten Endes sogar aus dem Verein fliegt. Auf dem Weg dahin veranstaltet die Eintracht ein tatsächlich existierendes Sommerfest oder baut einen alten Bus zur mobilen Trainingsstation um. Das Gefährt könnte überflüssiger nicht sein, ein E-Sport-Team kann schließlich von überall spielen. Doch egal, alles für den Content. "Wir sehen uns nicht so sehr als E-Sport-Organisation, sondern als Entertainmentprodukt. Wir wollen Sport parodieren. Wir sind mit unserer Arbeitsweise auf sportlichen Erfolg nicht angewiesen", fasst Knabe die Ausrichtung des Projekts zusammen. Über all dem steht passenderweise das Vereinsmotto "Hier is real", in dem Westphal "den größtmöglichen Spagat" sieht.
