Die neue Stärke einer alten Allianz
ZDF
Wenn Putin eines erreicht hat in seinem Konflikt mit der Nato: dann, das transatlantische Nato-Bündnis wieder stark zu machen. Eine Analyse.
Noch im vergangenen Sommer hatten Menschen, die für die Nato arbeiten, wenig zu lachen. Da hatte die Allianz gerade eine Demütigung hinter sich, wie man sie in über 70 Jahren nicht erlebt hatte: den chaotischen Rückzug aus Afghanistan.
Und nicht nur in der Nato stellte man sich die Frage: Wofür braucht es ein Bündnis, wenn nicht mal eine gemeinsame Verabredung zum geordneten Rückzug möglich ist?
Die Allianz suchte einen neuen Kompass. Ideen, womit man sich in Zukunft beschäftigen sollte. Chinas Aufstieg? Cyber-Angriffe? Klimawandel?
Dann kam Putin. Mit der militärischen Bedrohung der Ukraine - nicht Mitglied, aber Partner der Nato - hat das Bündnis plötzlich jene Relevanz, die es spätestens in den Trump-Jahren verloren hatte. Zynisch formuliert ließe sich Putins Gebaren als beste Werbung für die Nato beschreiben. Ein Bündnis erinnert sich daran, weshalb es einst gegründet wurde: zur Verteidigung gegen Russland.
Dass dabei nicht immer klar ist, wie sehr die USA im Ernstfall wirklich auf europäische Einwände hören würden, liegt in der Natur der Sache. Die meisten europäischen Diplomaten aber halten das US-amerikanische Interesse an einer Einbindung für so aufrichtig wie selten.
Und so zeigt sich die Stärke der Nato gerade in dieser Abstimmung - dass sie eben nicht als reines Militärbündnis funktioniert, sondern als Forum zur politischen Absprache. Hier treffen EU-Europäer mit ihrer Wirtschaftsmacht auf Militärmächte, die nicht (mehr) in der EU sind: von Großbritannien über Kanada bis zu den USA.
Dass die Nato dabei in der jüngeren Geschichte Fehler gemacht hat, ist offensichtlich. Die auch im Nato-Forum verbreitete Fehleinschätzung, die zum Abzug aus Afghanistan führte - die afghanische Armee werde sich schon verteidigen können gegen die Taliban - ist nur das jüngste Beispiel.