Was wir zum angeblichen Angriff auf Putins Residenz wissen
ZDF
Russland wirft der Ukraine einen massiven Drohnenangriff auf Putins Waldai-Residenz vor - doch für die Anschuldigung fehlen jegliche Belege.
Russland wirft der Ukraine einen massiven Drohnenangriff auf Putins Waldai-Residenz vor - doch für die schwere Anschuldigung fehlen jegliche Belege. Was wir bisher wissen. Russland Außenminister Sergej Lawrow hat schon viele Vorwürfe gegen die Ukraine erhoben, was er am Montag aber vorbrachte - mitten in den diplomatischen Bemühungen, den Krieg zu beenden - war eine besonders schwere Anschuldigung: In der Nacht von Sonntag auf Montag soll Kiew einen massiven Drohnenangriff auf die Waldai-Residenz von Präsident Wladimir Putin in der Region Nowgorod geflogen. 91 Langstreckendrohnen seien im Anflug auf die Präsidentenresidenz abgeschossen worden, behauptete Lawrow. Es habe keine Schäden oder Verletzten gegeben. Lawrow kündigte umgehend Vergeltungsschläge auf Kiew an und warnte, Russland müsse seine Verhandlungsposition überdenken. Die Behauptung wirft allerdings erhebliche Fragen auf. Die Ukraine bestreitet den Angriff kategorisch, und unabhängige Belege für den angeblichen Vorfall fehlen vollständig. Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte die russischen Angaben eine "Lüge" und warnte, Moskau wolle damit einen Vorwand schaffen, um die Angriffe auf ukrainische Regierungsgebäude zu rechtfertigen. Die Spurensuche führt in diesen Fällen meist in die Telegram-Kanäle der jeweiligen Gouverneure der betroffenen Regionen und den Kanal des russischen Verteidigungsministeriums. Am Morgen des 29. Dezember meldete das Verteidigungsministerium in seiner ersten Stellungnahme 89 abgeschossene Drohnen insgesamt: 49 über der Region Brjansk, eine über Smolensk und 41 über der Region Nowgorod - 18 am 28. Dezember, 23 am 29. Dezember. Weder in dieser Mitteilung noch in den Telegram-Beiträgen des Gouverneurs der Region Nowgorod, Alexander Dronow, wurde der mutmaßliche Angriff auf die Präsidentenresidenz erwähnt. Erst später am Tag veröffentlichte das Verteidigungsministerium eine zweite, deutlich detailliertere Erklärung, in der nun von 91 Drohnen die Rede war, die "auf die Residenz des Präsidenten der Russischen Föderation in der Region Nowgorod" gezielt hätten. Offenbar hat das Ministerium alle Drohnenabschüsse in den Regionen, die ungefähr auf der Luftlinie zwischen der Ukraine und Waldai liegen, nachträglich als gegen die Präsidentenresidenz gerichtet deklariert. Tatsächlich liegen Brjansk, Smolensk und Nowgorod in etwa auf dieser Route, doch die Annahme, dass sämtliche in diesem weiträumigen Gebiet abgeschossenen Drohnen dasselbe Ziel hatten, erscheint konstruiert. Was bei einem solchen angeblichen Großangriff auf eine Präsidentenresidenz zu erwarten wäre, fehlt komplett: Es gibt keine Satellitenbilder von Bränden oder Explosionen in der fraglichen Region. Das FIRMS-Satellitenüberwachungssystem der Nasa, das weltweit Brandherde in Echtzeit erfasst, registrierte in der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember keinerlei thermische Anomalien im Bereich der Waldai-Residenz. Es gibt keine Fotos oder Videos von Trümmerteilen abgeschossener Drohnen, keine Berichte von Anwohnern über Explosionen oder Luftabwehrfeuer. Bei vergleichbaren Vorfällen präsentiert Russland normalerweise umgehend Wrackteile als Beweis - hier fehlt jegliches Material.













