"Müssen Putin nehmen, wie er ist"
ZDF
Der Ex-Botschafter in Moskau sieht auch eine Chance auf Annäherung mit Russland. Norbert Röttgen kritisiert "unsere westliche Sichtweise".
Es ist mal ein ganz anderer Blick auf den Konflikt im Osten der Ukraine: Können die russischen Provokationen und das, was daraus erwächst, am Ende sogar eine Chance sein für mehr Gemeinsamkeit zwischen Russland und Europa? Rüdiger von Fritsch, ehemaliger Botschafter Deutschlands in Moskau, deutete am Donnerstagabend bei Markus Lanz genau das an.
So sei es gelungen in einer "hochkritischen Situation", die Russland provoziert habe, eine kleine Gelegenheit für Diplomatie zu schaffen. Und zwar durch eine "geschlossene, entschlossene und dialogbereite westliche Reaktion", sagte von Fritsch. Nun könne man versuchen, weitere Gespräche aufzunehmen – unmittelbar zwischen der Ukraine und Russland, aber auch zu Sicherheitsfragen rund um Rüstungskontrolle und vertrauensbildende Maßnahmen.
Und so könne man auch versuchen, so viel Vertrauen wachsen zu lassen, dass "sich am Ende alle mit ihrer Sicherheit aufgehoben fühlen", sagte von Fritsch. Das ermögliche dann im nächsten Schritt eine Horizonterweiterung. Denn auch das Klima oder die "große Herausforderung" China seien doch gemeinsame Themen zwischen Russland und dem Westen.
CDU-Politiker Norbert Röttgen widersprach daraufhin deutlich. Das sei "unsere westliche Sichtweise" auf die Welt und wie man Probleme löse. Man müsse jetzt aber endlich realistisch werden und Wladimir Putins Sichtweise berücksichtigen.
Es gebe ja schon Gespräche im Normandie-Format, bei dem Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine zusammenkommen, oder auch das Minsker Abkommen, ein 2015 ausgehandeltes Friedensabkommen, das zwar seiner Zeit eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ostukraine verhinderte, aber keine nachhaltige Deeskalation leistete.
"Glauben wir doch nicht, wie der französische Staatspräsident, wenn wir ihm das nur wie einem Esel jeden Tag dreimal in die Ohren blasen, er würde dann eine andere Weltsicht annehmen", stellte Röttgen klar. Putin habe auch das Recht, die Welt anders zu sehen. "Und wir konfrontieren ihn immer in völliger europäischer Verwirrtheit und Selbstverzwergung mit unserer Weltsicht", so der CDU-Politiker. Man werde Putin dahingehend nicht überzeugen können.
Daraus folge für ihn, dass man realistisch feststelle, was Putin wolle.