Munich-Re-Chef knöpft sich Politik und Bürokratie vor
n-tv
Dass sich Konzernchefs offensiv in die Politik einmischen, ist selten. Doch der Vorstandschef des Rückversicherers Munich Re platzt offenbar der Kragen: Deutschland habe in vielen Wettbewerbsvorteilen stark eingebüßt, sagt Wenning - und beklagt die Bürokratie.
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re warnt die Bundesregierung in Abkehr von der üblichen politischen Zurückhaltung vor einem Niedergang Deutschlands. Wettbewerbsvorteile Deutschlands seien immer Stabilität, niedrige Inflation, niedrige Verschuldung, Sicherheit, Schulen, Bildungsniveau, Verwaltung, Spitzentechnologie und funktionierender öffentlicher Verkehr gewesen, sagte Vorstandschef Joachim Wenning. "An vielen dieser Fronten hat Deutschland in den letzten 20 Jahren stark eingebüßt. Als Folge fließen Investitionen und damit verbundene Wohlfahrt der Zukunft ins Ausland."
An die Adresse von Bund und EU gleichermaßen gerichtet beklagte Wenning Bürokratie und Berichtspflichten. "Das ist rausgeschmissenes Geld", sagte Wenning. "Das bringt dem Kunden nichts, das bringt dem Aktionär nichts, es bringt der Öffentlichkeit nichts, es bringt dem Fiskus nichts, es bringt nur Ärger." Als ein Beispiel nannte der Manager die doppelte Bilanzierung nach deutschem Handelsgesetzbuch und dem internationalen IFRS17-Standard.
Unverblümte Kritik aus der Chefetage eines DAX-Konzerns an der Politik ist unüblich, insbesondere in der zurückhaltenden Versicherungsbranche. Im ersten Halbjahr erzielte das Unternehmen 2,4 Milliarden Euro Gewinn, 600 Millionen weniger als im Vorjahreszeitraum. Dessen ungeachtet hat die Munich Re bereits mehr als die Hälfte ihres diesjährigen Gewinnziels von 4 Milliarden Euro erreicht. Wenning erhöhte die Prognose nicht - betonte aber, dass die Wahrscheinlichkeit gestiegen sei, das Ziel zu erreichen oder zu übertreffen.
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