Wenn Pornos zur Sucht werden
n-tv
Mit einem Porno bringen viele ihr Liebesleben wieder in Schwung. Doch was zunächst durchaus anregend wirkt, ist für Tausende Menschen in Deutschland inzwischen eine Sucht. Die ist inzwischen als zwanghafte sexuelle Störung anerkannt, Therapiemöglichkeiten entstehen gerade.
"Mit 13 Jahren habe ich das erste Mal Pornos gesehen", erinnert sich Niklas, der in Wirklichkeit anders heißt. Mit der Pubertät schaut er immer mehr. Dann kam die Pandemie - und sein Pornokonsum "explodierte", wie er sagt. "Von 2020 bis 2021 waren es bestimmt drei bis sechs Stunden am Tag. Es können auch gut mal acht Stunden gewesen sein, so genau weiß ich das nicht mehr." Der heute 25-Jährige beschloss, sich Hilfe zu suchen. Seine Geschichte ist kein Einzelfall: "Rund drei Prozent der volljährigen Männer in Deutschland haben eine Pornografienutzungsstörung", sagt Rudolf Stark, Professor für Psychotherapie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Etwa ein Prozent der Frauen sei von der sogenannten Pornosucht betroffen. "Studien zeigen, dass Frauen deutlich weniger Pornografie konsumieren. Damit ist für sie auch die Gefahr geringer, in eine Suchtspirale einzumünden."
Dass Betroffene wie Niklas professionelle Hilfe bekommen können, sei noch nicht selbstverständlich, sagt Stark. Er forscht seit mehr als 15 Jahren zu Pornografie-Konsum. "Bis jetzt ist die Versorgung sehr schlecht. Da die Störung erst vor kurzem offiziell anerkannt wurde, sind viele Psychotherapeuten darauf noch nicht gut vorbereitet."
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedete im Mai 2019 die sogenannte internationale Klassifikation von Erkrankungen (ICD-11), in der zwanghafte sexuelle Störungen als Impulskontrollstörungen aufgenommen sind. "Das war ein wahnsinnig wichtiger Schritt", meint Stark. Die offizielle Anerkennung als Sucht fehle noch. Doch die Klassifikation biete eine Grundlage für gezieltere Forschung und damit auch die Voraussetzung für bessere Therapiemöglichkeiten.