
"Misery" in Magdeburg
n-tv
Doreen Brasch und ein verschwundenes Kind, da war doch was? Genau: Erst im vorherigen "Polizeiruf" war die Kommissarin auf der Suche nach dem kleinen Ronny, diesmal ging es um ein entführtes Baby. "Du gehörst mir" entpuppte sich als Schocker zwischen Realismus und roher Gewalt.
Der Film erfordere "die Bereitschaft, die abwegige Grundkonstellation zu akzeptieren", so schrieb es der "Filmdienst" in seiner August-Ausgabe des Jahres 1991. Gemeint war der Psychothriller "Misery" nach einer Vorlage von Stephen King, inszeniert von Rob Reiner, in den Hauptrollen Kathy Bates und James Caan. Er als Erfolgsautor Paul Sheldon, sie als Annie Wilkes, nach eigener Aussage "sein größter Fan". Als Sheldon in einem Schneesturm ausgerechnet in der Nähe von Wilkes' Haus verunglückt, rettet ihn die rabiate Einzelgängerin. Aus der selbstlosen Pflege wird schnell ein Fall für den Psychiater und die Polizei, Wilkes fesselt Sheldon ans Bett und hält ihn gefangen.
"Du gehörst mir", der Titel des jüngsten "Polizeiruf 110", hätte ebenso gut als Unterzeile zum Hollywood-Film von damals gepasst. Auch in Magedburg ging es um Machtverhältnisse und Vereinnahmung, um Kontrolle und deren Verlust, ein Machtspiel nach "Misery"-Art: Als Inga Werner (Franziska Hartmann) am heimischen Krankenbett sitzt, darin der von ihr übel zugerichtete Kriminalrat Lemp (Felix Vörtler), beide absurderweise auch noch mit einem Gläschen Rotwein in der Hand, kann man Stephen King daheim in Bangor, Maine, fast kichern hören.
Nun ist nichts gegen eine "abwegige Grundkonstellation" zu sagen, ungewöhnliche Paarungen haben oft für die kurzweiligste Unterhaltung gesorgt. Doch die Achse Hartmann/Lemp, die dem alten "Misery"-Psychospielchen so ähnelte, ist eben nur ein Teil der Geschichte, und da lag der berühmte Hase im Pfeffer: Eigentlich war doch diese Kindesentführung der Kern des Ganzen. Eine junge Mutter (Hannah Schiller), ein Moment der Unaufmerksamkeit, das Baby entführt, die Täterin wiederum eine Frau, die den Verlust ihres eigenen Kindes nicht verkraftet hatte und schließlich zur Entführerin wird, um Trost beim fremden Kind zu finden.
