
Kommt die Brustbehaarung zurück?
n-tv
Behaarte Männer, da kommen bei vielen 80er-Jahre-Gefühle auf. Lange galt Brusthaar nicht als besonders attraktiv und bis heute gehen die Meinungen darüber auseinander. Doch nach dem Bart-Hype könnte das Brusthaar als neues Zeichen der Männlichkeit zurückkehren.
"Echte Kerle" sind behaart und zeigen das auch. So war es zumindest früher in Film und Fernsehen. Man denke an "James Bond"-Legende Sean Connery oder "Magnum"-Serienheld Tom Selleck. In den 90ern brach die Zeit unbehaarter Wäschemodels und Promis an wie Mark Wahlberg und David Beckham. Und heute? Da wimmelt es auf Instagram von blanken Waschbrettbäuchen. Andererseits muss wohl auch wieder archaische Männlichkeit demonstriert werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigt sich nach Russlands Angriff mit gestählter Brust im engen Tarnfarben-T-Shirt. Der französische Präsident Emmanuel Macron posierte dagegen im Wahlkampf offenherzig mit sichtbarem Brusthaar. Ist 2022 eine Rückkehr der breiten, wilden Männerbrust angesagt - als Gegenbewegung zu den vergangenen Jahrzehnten?
"Nicht nur die behaarte Männerbrust, sondern auch die glattrasierte als Teil eines durchtrainierten Körpers ist eine Stilisierung von Männlichkeit", sagt der Männlichkeitsforscher Toni Tholen von der Uni Hildesheim. Der Umgang von Männern mit ihrem Brusthaar unterliege wie vieles andere auch einem ständigen, konsumorientierten Wechsel. Der Literaturwissenschaftler Tholen hält es für möglich, dass "vor dem Hintergrund einer gesellschaftlich und politisch induzierten Remaskulinisierung" die Behaarung wieder mehr als "Dominanzmarker" eingesetzt werden könnte. Jedenfalls sei die Männerbrust traditionell eine zentrale Körperregion für die Modellierung von Männlichkeit.
"Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten wird der Männerkörper zunehmend ästhetisiert", sagt auch die Psychologin Ada Borkenhagen, die derzeit am Buch "Bin ich schön genug? Schönheitswahn und Body Modification" arbeitet. In den 70ern zum Beispiel habe kaum ein Mann daran gedacht, seinen Haarwuchs auf Brust, Bauch oder gar Rücken zu bändigen, sagt Borkenhagen. "Männer durften so bleiben, wie sie sind." Das sei heutzutage ganz anders, sagt die Professorin von der Magdeburger Universitätsklinik. Zeitgleich gebe es einen Trend zur sogenannten Body Positivity, die unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale überwinden wolle. Bei Männern gehe es da zum Beispiel um Stolz auf runde Formen, rotes Haar oder üppige Behaarung.
