"Helikopter-Mutter" - Kritik an Lambrechts Reise mit dem Sohn
ProSieben
Juristisch wohl untadelig, aber «politisch instinktlos»: Die Verteidigungsministerin lässt ihren Sohn in einem Regierungshubschrauber nach Norddeutschland mitfliegen. Sie erntet Häme und muss sich womöglich noch erklären.
Es ist Krieg in der Ukraine, Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein und nur etwa 14 Grad auf der Urlauberinsel Sylt: In einem Regierungshubschrauber brechen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und ihr 21-Jähriger Sohn am 13. April vom Dienstsitz in Berlin aus nach Norddeutschland auf, um in Stadum dem Bataillon Elektronische Kampfführung 911 - Experten für die elektronische Aufklärung möglicher Gegner - einen Truppenbesuch abzustatten. Am nächsten Tag und nach einer Hotelübernachtung geht es mit Auto und Personenschützern des Bundeskriminalamtes auf die nahe Insel Sylt.
Als die Details der Reise durch einen Bericht des «Business Insider» bekannt werden, hagelt es Kritik. Es sind nicht nur die hämischen Kommentare im Internet, die sich am Dienstag m den Begriff «Helikopter-Mutter» drehen, der eigentlich einen übergriffig-wohlmeinenden Kontrollzwang in der Erziehung beschreibt.
Die Opposition im Bundestag wirft Lambrecht «maximale Ungeschicklichkeit» vor. «Das zeugt von mangelndem Fingerspitzengefühl», sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU) in Berlin. Der Vorgang habe «ein Geschmäckle», wie man in seiner Heimat sage. «Es gibt Dinge, die sind verboten. Und es gibt Dinge, die macht man einfach nicht.»
Der AfD-Politiker Stephan Brandner kritisierte: «Die Flugbereitschaft der Bundeswehr ist kein Ferienflieger.» Ob selbst gezahlt werde, sei dabei «doch völlig egal». Der Fall zeige, «wie abgehoben im wahrsten Sinne des Wortes die Bundesregierung ist».
Das Verteidigungsministerium (BMVg) hatte am Vortag Kritik an der Mitreise des Sohns mit Hinweis auf das geltende Regelwerk zurückgewiesen. Die Ministerin habe den Mitflug in einem Regierungshubschrauber beantragt und «die Kosten gemäß der Richtlinie zu 100 Prozent übernommen», sagte ein Sprecher in Berlin. Im Falle des Lambrecht-Sohnes wurden 100 Prozent des Preises eines vergleichbaren Linienfluges bezahlt. Daran gemessen war das «Bundesinteresse» offenkundig mindestens gering, wenn es überhaupt begründet werden muss. Die Richtlinie ist hinreichend offen formuliert.