"Wir müssen den Opfern endlich glauben"
ZDF
In Frankreich gehen Tausende, die im Kindesalter missbraucht wurden, an die Öffentlichkeit. Hören Polizei und Justiz endlich zu?
Wenn Arnaud Gallais heute erzählt, wie er als Teenager sexuell missbraucht wurde, wird er deutlich: "Mein Onkel war als Missionar für die Kirche in Afrika. Wenn er bei uns in Paris zu Besuch war, haben meine Eltern ihn in meinem Zimmer schlafen lassen. Zwischen dem achten und elften Lebensjahr hat er mich zu sich ins Bett geholt und vergewaltigt."
Heute ist Gallais 40 Jahre alt. Mit anderen Missbrauchsopfern hat er ein Kollektiv gegründet. Gemeinsam sensibilisieren sie Personen, die in ihrer täglichen Arbeit mit Kindern zu tun haben. Auch in seinem Kollektiv bekommt der Pariser mit, dass immer mehr Missbrauchsopfer ihr Schweigen brechen. Zehntausende Französinnen und Franzosen haben in den letzten Monaten ihre persönliche Geschichte geteilt - in den sozialen Medien und zur besten Sendezeit im Fernsehen.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Anwältin Camille Kouchner. In ihrem Buch "Familia Grande" schildert sie präzise, wie ihr Stiefvater ihren Bruder jahrelang vergewaltigt hat. Schätzungen zeigen, dass es über 160.000 Kindern und Jugendlichen jährlich ähnlich ergeht, sie Opfer von sexuellem Missbrauch in der Familie sind.