Welche Gefahr geht von ukrainischen AKW aus?
ZDF
Der Angriff auf ein ukrainisches AKW weckt Sorgen vor einer Kernschmelze und einem atomaren Gau. Welche Gefahr besteht aktuell?
Die russische Armee hat Europas größtes Atomkraftwerk im ukrainischen Saporischschja angegriffen und dort einen Brand ausgelöst. Nach Behördenangaben brach in einem Gebäude für Ausbildungszwecke in der Nacht zum Freitag Feuer aus, die Reaktorblöcke waren jedoch nicht betroffen. Am Morgen wurde gemeldet, dass das Feuer mittlerweile gelöscht ist. Ist die Gefahr damit gebannt?
Nach Informationen der ukrainischen Atomüberwachungsbehörde ist das AKW Saporischschja aktuell in der Hand russischer Streitkräfte. Das Personal arbeite weiterhin an seinen Arbeitsplätzen, das Betriebspersonal überwache den Zustand von Aggregaten und stellt deren Betrieb gemäß den Anforderungen der Prozessabläufe für einen sicheren Betrieb sicher. Begehungen werden auch durchgeführt, um eventuelle Schäden auf der Baustelle zu identifizieren.
Bisher wurde rund um das Kraftwerk keine erhöhte Strahlenbelastung registriert. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wurde keiner der sechs Reaktoren beschädigt. Aktuell werden alle Türme noch gekühlt.
Das Problem mit der Kernenergie ist: Auch wenn die Reaktoren nicht in Betrieb sind, müssen sie gekühlt werden. Die ukrainische Behörde warnt vor einer Katastrophe: Der Verlust der Möglichkeit, Kernbrennstoff abzukühlen, würde zu erheblichen radioaktiven Freisetzungen in die Umwelt führen.
Diese Risikoeinschätzung teilen auch westliche Atomexperten: "Ohne Kühlung wird es eine Kernschmelze geben - genau das, was 2011 in Fukushima passiert ist", schreibt der Physiker James M. Acton, Direktor des US-Thinktanks Carnegie Nuclear Policy auf Twitter.
Auch David Fletcher, Professor an der School of Chemical and Biomolecular Engineering der Universität von Sydney, teilt diese Einschätzung:
In Fukushima hatte das Erdbeben das Atomkraftwerk von der äußeren Stromversorgung abgeschnitten, der folgende Tsunami hatte dann die Notstromversorgung geflutet, die Brennstäbe konnten daher nicht mehr gekühlt werden. So kam es zur Kernschmelze.