Missbrauch: Kardinal Marx will sich äußern
ZDF
Bislang hat sich Kardinal Marx kaum zum Missbrauchsgutachten geäußert. Nun will er zu den Ergebnissen Stellung nehmen.
Bei der Vorstellung des Gutachtens zum Missbrauch in seinem Bistum war der Münchner Erzbischof Kardinal Marx nicht anwesend und gab im Anschluss nur eine kurze Erklärung ab. Eine Woche später will er nun detailliert Stellung zu den Ergebnissen der Studie nehmen, die sein Bistum bei der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) in Auftrag gegeben hatte.
Das Papier wirft unter anderem Marx und seinen Vorgängern im Amt des Erzbischofs, Kardinal Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen vor und geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus - und von einem weit größeren Dunkelfeld. Marx direkt wird in dem Gutachten ein formales Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen.
Marx war bei der Vorstellung des Gutachtens am Donnerstag vergangener Woche nicht dabei, obwohl ihn die Anwaltskanzlei zu der Pressekonferenz eingeladen hatte.
Danach gab er eine kurze Stellungnahme ab. "Ich bin erschüttert und beschämt", sagte er. Seit Jahren sei bekannt, "dass sexueller Missbrauch in der Kirche nicht ernst genommen wurde, dass die Täter oft nicht in rechter Weise zur Rechenschaft gezogen wurden, dass es ein Wegsehen von Verantwortlichen gegeben hat".
Er fühle sich "als Erzbischof von München und Freising mitverantwortlich für die Institution Kirche in den letzten Jahrzehnten", betonte er. "Als der amtierende Erzbischof bitte ich deshalb im Namen der Erzdiözese um Entschuldigung für das Leid, das Menschen im Raum der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten zugefügt wurde."
Spekuliert wird, ob Marx dem Papst erneut - und damit zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres - seinen Rücktritt anbieten wird. Der katholische Theologe Daniel Bogner sagte schon direkt nach der Vorstellung des Gutachtens, dass er nach all den Enthüllungen einen erneuten Rücktrittsversuch von Marx für angemessen hält.
Ein zweites Rücktrittsangebot erwartet der Kirchenrechtler Thomas Schüller dagegen nicht. "Im Lichte seiner erstaunlich leidenschaftslosen und uninspirierten Erklärung am 20.1.22 auf die Veröffentlichung des Gutachtens, die viele Betroffene verletzt und befremdet hat, rechne ich nicht mit einem erneuten Rückantrittsangebot von Marx an den Papst".