
Dritter Wirecard-Angeklagter gerät in Erklärungsnot
n-tv
Nach eineinhalb Jahren Prozess bricht der frühere Wirecard-Buchhalter sein Schweigen. Doch laut dem Richter passen seine Aussagen nicht zu Entdeckungen der Ermittler. Diese hatten eine Auffälligkeit bei der Aufstellung der Wirecard-Bilanzzahlen gefunden.
Im Wirecard-Prozess ist der frühere Chefbuchhalter des Konzerns in Erklärungsnot geraten. Der Vorsitzende Richter Markus Födisch konfrontierte den Angeklagten E. mit massiven Ungereimtheiten bei der Aufstellung der Wirecard-Geschäftszahlen: Demnach veröffentlichte der Konzern in den Jahren vor der Milliardenpleite 2020 sehr häufig vorläufige Ergebnisse, bevor die drei wichtigsten Partnerfirmen ihre jeweiligen Geschäftszahlen überhaupt vollständig abgeliefert hatten.
"Das ist der zentrale Punkt", sagte Födisch zu dem 49-Jährigen, der ehedem für die Zusammenstellung der Bilanzzahlen maßgeblich verantwortlich war. Födisch legte E. im Gerichtssaal eine umfangreiche Auswertung der Staatsanwaltschaft vor. Ein Beispiel: Wirecard veröffentlichte am 26. Oktober 2016 den vorläufigen Geschäftsbericht für das dritte Quartal jenes Jahres. Doch die drei Partnerfirmen Senjo, Al Alam und Payeasy übermittelten ihre jeweiligen Geschäftszahlen per Mail erst im November. Diese Verspätung war demnach kein Einzel-, sondern quasi Normalfall, wie der Tabelle der Ermittler zu entnehmen ist.
Die drei Unternehmen wickelten im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen im Mittleren Osten und Südostasien ab. Laut Anklage existierte dieses sogenannte TPA-Geschäft gar nicht, die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Umsätze und Gewinne erfunden waren. "Ohne TPA-Zahlen war es nicht möglich, die vorläufigen Berichte zu machen", sagte der Vorsitzende Richter zum Angeklagten. "Es passt nicht zu dem, was Sie uns sagen."
