Die Impfpflicht könnte fallen
Süddeutsche Zeitung
Der österreichische Bundeskanzler Nehammer stellt die Maßnahme infrage, nachdem sich schon mehrere Landeshauptleute gegen sie ausgesprochen haben. Dabei waren die es, die die Impfpflicht gefordert hatten.
Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer hat vergangene Woche in Osttirol mit seiner Familie Urlaub gemacht. Nicht allein, sondern gemeinsam mit den Familien der Verteidigungsministerin und der niederösterreichischen Landeshauptfrau. Fast alle Medien berichteten über die Familienferien der ÖVP, und fast alle berichteten dann auch über Nehammers Rückreise im Auto. Vom Beifahrersitz aus gab er nämlich der Kronen Zeitung ein launiges Interview, in das sich kurzfristig auch seine Frau einmischte und das damit endete, dass sein Sohn an einer Raststätte gern eine Schnitzelsemmel essen wollte.
All das ist wegen zweier Nachrichten erwähnenswert, die der Kanzler dabei wie nebenher servierte: Die Impflotterie, welche die schwarz-grüne Koalition fast gleichzeitig mit der Ankündigung des Gesetzes zur Impfpflicht präsentiert hatte, wird es nun doch nicht geben. Jeder zehnte Geimpfte sollte demnach Gutscheine im Wert von 500 Euro gewinnen und bei heimischen Betrieben einlösen können.
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Veranschlagt waren dafür bis zu einer Milliarde Euro, abwickeln sollte das Ganze der ORF. Der war aber offenbar vorab nicht gefragt worden und mochte nicht mitspielen. Nehammer schlug nun vor, das Geld an Menschen auszuzahlen, die in der Pandemie besonders viel geleistet hätten. Seine Idee sei die Impflotterie ohnehin nicht gewesen, die SPÖ hätte sie gewollt. Die dementierte umgehend.
Ebenso nebenbei servierte der Kanzler aber noch viel größere News: Auch die Impfpflicht selbst könnte fallen. Wenn die von der Regierung beauftragte Expertenkommission dafür plädiere, das Gesetz auszusetzen, werde man dem entsprechen. Die Impfpflicht sei für ihn, so der Kanzler, "ein Werkzeugkoffer, mit dem wir gegen das Virus arbeiten. Und wir werden dann ein Werkzeug einsetzen, wenn es notwendig ist". In den vergangenen Tagen hatten sich bereits mehrere Landeshauptleute gegen die Impfpflicht ausgesprochen - obwohl das Gesetz de facto seit Anfang Februar in Kraft ist, aber noch nicht umgesetzt wird. Die Landeschefs selbst waren es im Übrigen gewesen, die im vergangenen Herbst die Impfpflicht gefordert hatten.