2G: Spaltung der Gesellschaft oder Notbremse in der Pandemie?
ProSieben
Nachteile für Menschen ohne Corona-Impfung? Seit Beginn der Pandemie ist das für die Politik ein heißes Eisen. Nun werden sie Realität. Und zeigen offenbar Wirkung.
Sachsen ist Vorreiter. Als erstes Flächenland nutzt der Freistaat gegen die rasant steigenden Corona-Zahlen umfassend 2G. Nur Geimpfte und Genesene dürfen nun in Restaurants, Kneipen oder Diskotheken, ein negativer Test nützt nichts. Darüber wird heftig gemurrt, unter anderem von Gastwirten. Doch wird Sachsen wohl nicht alleine bleiben. Millionen Menschen in Deutschland müssen sich darauf einstellen, bald im Alltag den Impfpass vorzulegen - oder vor der Tür zu stehen.
Auf der Tagesordnung stehen 2G-Regeln auch in andern Bundesländern wie Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg und Bayern. Eine Option sind sie überall, wo Infektionszahlen in die Höhe schnellen und Kliniken voll laufen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verteidigt die Beschränkungen für Ungeimpfte als Notbremse, um Schlimmeres abzuwenden: den Lockdown für Geschäfte und Lokale. Aber Experten und auch Politiker sind erstaunlich uneins, ob und wie 2G wirkt. Ist die Regel am Ende sogar schädlich?
"Aus medizinischer Sicht ist die 2G-Option grundsätzlich nachvollziehbar", sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, der Deutschen Presse-Agentur. Aber sie sei schwer umsetzbar. "Außerdem werden durch eine verpflichtende Einführung vor allem verfassungsrechtliche und gesellschaftspolitische Fragen aufgeworfen, die nicht von Medizinern beantwortet werden können." AfD-Chef Tino Chrupalla wählt drastische Worte. Katastrophal sei der Schwenk zu 2G, er werde zur sozialen Spaltung führen, sagte Chrupalla dem Sender Phoenix.
Selbst am medizinischen Sinn haben einige Fachleute Zweifel. 2G gebe eine "Scheinsicherheit", kritisierte Virologe Jonas Schmidt-Chanasit am Wochenende im Deutschlandfunk. Auch Geimpfte könnten sich infizieren und das Virus übertragen. Wirkliche Sicherheit gäben nur Tests bei allen, ob geimpft, ungeimpft oder genesen. Er nannte das 1G. Sein Kollege Hendrik Streeck wandte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland ein: Wenn Ungeimpfte ausgeschlossen würden, ließen sie sich womöglich noch weniger testen und feierten ungetestet zuhause.