Zoff um die Daten der Handy-Kunden
Süddeutsche Zeitung
Über Jahre haben Mobilfunkanbieter Millionen Vertragsdaten an Auskunfteien geschickt. Datenschützer halten das für unzulässig - die Unternehmen aber machen offenbar munter weiter.
Viel eindeutiger hätte die Datenschutzkonferenz (DSK) nicht sein können: Das Gebaren von Auskunfteien und Mobilfunkunternehmen sei "unzulässig", urteilt sie klipp und klar in einem Beschluss, der Millionen Deutsche betrifft. Konkret geht es um die Frage, ob die Firmen bestimmte Vertragsdaten ohne Einwilligung der Kunden an Auskunfteien weitergeben dürfen und ob diese sie speichern dürfen. Deutschlands wichtigstes Datenschutzgremium war sich in einem Beschluss von September 2021 einig: Das ist seit 2018 unzulässig. Durch die Praxis würden "große Datenmengen über übliche Alltagsvorgänge im Wirtschaftsleben erhoben und verarbeitet" - und das ohne Anlass. In der Konsequenz hätte es das Ende für die Praxis sein können. Doch das war es wohl nicht.
Denn nach Informationen von NDR und Süddeutscher Zeitung widersetzen sich die Mobilfunkunternehmen diesem Beschluss aber offenbar und schicken die Vertragsdaten weiterhin an die Auskunfteien. Und sie wollen sich dieses Recht sogar vor Gericht erstreiten. Gleichzeitig geht der Bundesverband Verbraucherzentrale (VZBV) selbst gerichtlich gegen die Klauseln zur Datenweitergabe vor und Verbraucherschützer bereiten bereits Unterlassungsverfahren gegen einzelne Unternehmen vor. Der Streit, der viele Millionen Deutsche betrifft, droht damit zu eskalieren. Doch warum eigentlich?
Im Detail geht es bei diesem Zoff um eine Frage: Unter welchen Umständen dürfen die Mobilfunkunternehmen die Vertragsdaten an Auskunfteien wie die Schufa oder Crif Bürgel schicken, obwohl sich die Kunden nichts haben zu Schulden kommen lassen? Eigentlich brauchen sie dafür eine Einwilligung der Verbraucher.
Bis 2018 war die auch leicht zu bekommen. Doch dann trat die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Sie stellt verschärfte Anforderungen daran, ab wann die Zustimmung des Kunden als erteilt gelten darf. Das führte dazu, dass Auskunfteien und Mobilfunkunternehmen sich diese Einwilligung nicht mehr einholten. Stattdessen verwiesen sie einfach auf ein "berechtigtes Interesse", das sie an den Daten hätten - und sammelten munter weiter.
Einige Auskunfteien gingen sogar einen Schritt weiter. Sie haben die Daten offenbar nicht nur gespeichert, sondern auch für sogenannte Scores verwendet. Diese entscheiden über wichtige Fragen im Alltag von Millionen Menschen, beispielsweise ob und zu welchen Konditionen die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Kredit bei der Bank bekommen. Fließen dort die zusätzlichen Daten ein, kann das gegebenenfalls das Ergebnis der Prüfung beeinträchtigen, glauben Verbraucherschützer. Entsprechend wichtig ist die Entscheidung darüber, unter welchen Umständen Mobilfunkunternehmen und Auskunfteien die Daten über diese Verträge wirklich nutzen dürfen.