Traunstein: Kommission soll Rolle von Papst Benedikt XVI. untersuchen
Süddeutsche Zeitung
Der Geistliche hat die Stadt wiederholt als seine Heimat bezeichnet - und sogar ein Denkmal bekommen. Nun prüfen Traunstein und andere Kommunen, ob so eine Würdigung nach den Erkenntnissen des Missbrauchsgutachtens noch angemessen ist.
Die Stadt und der Landkreis Traunstein haben zusammen mit mehreren Kommunen aus der Umgebung eine gemeinsame Kommission eingesetzt, die das Verhalten des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche untersuchen und bewerten soll. Die Kommission werde sich "mit dem Thema aus historischer, juristischer und theologischer Sicht befassen", teilte das Traunsteiner Landratsamt am späteren Freitagabend mit.
Zusammensetzen soll sich die Kommission aus je einem "fachkundigen Vertreter" des federführenden Landkreises, der Städte Traunstein und Tittmoning sowie der Gemeinde Surberg. Bisher führen alle drei Kommunen den emeritierten Papst in der Liste ihrer Ehrenbürger.
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Der aus Marktl am Inn stammende Benedikt hatte Traunstein wiederholt als seine Heimat bezeichnet. Er hat als Kind einige Jahre in der Stadt verbracht und dort das erzbischöfliche Studienseminar St. Michael besucht, wo es in der Vergangenheit ebenfalls gewalttätige Übergriffe auf Zöglinge gegeben haben soll.
Die Erzdiözese München und Freising hat vor wenigen Tagen ein Gutachten veröffentlicht, das den jahrelangen Missbrauch von Gläubigen und Schutzbefohlenen durch katholische Kleriker sowie den Umgang der Kirchenführung mit dem Thema beleuchtet. Benedikt war von 1977 bis 1982 als Erzbischof für das Bistum München und Freising verantwortlich. Er hatte in einer ersten Reaktion auf das Gutachten abgestritten, an einer bestimmten Sitzung zum Umgang mit dem pädophilen Priester H. teilgenommen zu haben. Später hat er diese Angabe korrigiert.