Schweineherzen als Menschenretter?
ZDF
Transplantation eines Schweineherzens auf einen Menschen: Das hat uns in die Gen-Zukunft katapultiert. Wie weit kann der Körper ersetzt werden?
In der neuen Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
"Werde ich hinterher grunzen?", fragte David Bennet, bevor ihm ein Schweineherz eingesetzt wurde. Selbst wenn der Chirurg Bartley Griffith das bejaht hätte - unwahrscheinlich, dass Bennet diesen "shot in the dark" als letzte Chance abgelehnt hätte.
Wenn's ans Eingemachte geht, wird Ethik zweitrangig. Da greifen wir alle zu. Wie es dem Schwein geht, nachdem es sein Herz gespendet hat, thematisieren wir lieber nicht. Wenn wir einen Menschen retten können, hat das Tier nichts zu melden. Vor der Kotelettspende wird das Schwein ja auch nicht gefragt.
David Bennet lebt. 16 Tage nach der Operation. Er ist der Beweis dafür, dass wir das Leben, aber auch uns selbst, manipulieren können, wie wir wollen.
Es ist schon ein paar Tage her, dass ich den Guru unter den Geningenieuren für NANO besucht habe: George Church in Harvard. Damals war es ihm gerade gelungen, mit der Genschere CRISPR/Cas 62 sogenannte endogene Retroviren aus dem Erbgut eines Schweins zu entfernen. Auf einen Schlag. Viren werden ja verteufelt in unseren Zeiten, tatsächlich stammen rund acht Prozent unseres Genoms ursprünglich von Viren. Ironischerweise brauchen wir dieses virale Erbe für unser angeborenes Immunsystem.
Retroviren aus Schweineorganen möchte allerdings keiner haben. Wer weiß, was sie anrichten. Daher der kleine genchirurgische Eingriff. Das Schwein, das Bennets Herz geliefert hat, besaß seine Retroviren noch.
Bei ihm hat die Biotechfirma Revivicor stattdessen drei Gene ausgeschaltet, die Bennets Immunabwehr getriggert hätten. Das fremde Organ würde abgestoßen. So war das bei allen früheren Versuchen, Schweine- oder Pavianherzen zu transplantieren, passiert. Damit Bennets Körper wirklich glaubt, dass man ihm hier etwas Gutes tun will, hat man zusätzlich sechs menschliche Gene in das Klonschwein eingefügt.