Kühler Kopf und warmes Herz - mitten im Krieg
ZDF
Anatoly Kaluzhny muss zuschauen, wie seine Heimatstadt Kiew angegriffen und beschossen wird. Doch der 67-Jährige will bleiben – und helfen.
Anatoly Kaluzhny ist überzeugter Ukrainer, wuchs mit elf Geschwistern auf und lebt seit seinem zwölften Lebensjahr in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Dort hat er als Pastor eine Kirchengemeinde aufgebaut und eine Familie gegründet. Sein Zuhause liegt wenige Kilometer vom Flughafen Boryspil entfernt und befindet sich mitten in der Schusslinie russischer Truppen.
Seit zwei Tagen erlebt er, wie die Stadt angegriffen wird, Menschen fliehen und vielerorts Panik ausbricht. Trotzdem will Anatoly bleiben und Hoffnung schenken - vor allem denjenigen, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen müssen.
Die Angst sei deutlich spürbar, berichtet Anatoly im ZDFheute-Interview: "Es gibt lange Schlangen an den Tankstellen, es ist praktisch unmöglich, Benzin zu bekommen. Auch lange Schlangen an Apotheken und große Panik vor den Lebensmittelläden. Ich habe hier viele Menschen, die leiden, die Angst haben."
Sein Schutzkeller sei bereits vorbereitet, vor allem für seine Familie: "Wenn ich nicht sicher bin, ist das okay. Ich bin bereit – komme, was wolle. Aber meine Kinder und Enkelkinder müssen schnell in Sicherheit gebracht werden können. Sie haben doch noch ihr ganzes Leben vor sich."
Sehen Sie hier im Video, wie Anatoly aus seinem Zuhause in Kiew über die aktuelle Lage berichtet:
Nicht alle haben einen Schutzbunker. Wer in Kiew strandet oder sich zu Hause nicht sicher fühlt, könne ihn jederzeit um Hilfe bitten. Anatoly besorgt Lebensmittel, Luftmatratzen und Decken und legt sie in seinen Kirchenräumen aus. Jede Nacht beherbergt er dort verängstigte Ukrainer und Ukrainerinnen. Es würden immer mehr.
Auch viele, die auf der Flucht sind, wissen nicht, wo sie Unterschlupf finden können. Für sie hat der Pastor ein Sommercamp seiner Kirchengemeinde in eine Art Flüchtlingscamp umgebaut. Es liegt zwischen Ost und West des Landes. Die Ukraine sei groß und die Strecken viel zu lang, um sie an einem Stück zurückzulegen. "Wir öffnen dieses Zentrum für alle Menschen. Jeder kann kommen. Die aus dem Osten, dem Norden in Richtung Westen unterwegs sind. Sie können dort so lange bleiben wie nötig. Wir geben ihnen zu essen und heizen."