EU arbeitet an Grundgesetz fürs Internet
ZDF
Macht der Internetplattformen begrenzen: Das EU-Parlament hat dazu Gesetzesänderungen verabschiedet. Lässt sich damit Hass im Netz eindämmen?
"Behinderte, hässliche Kanakenfotze, verpiss dich aus Deutschland!" oder "Geh in die Wüste Esel ficken!“ - solche Nachrichten erreichen die SPD-Politikerin Sawsan Chebli täglich - bis hin zu Morddrohungen. Sie bereiten ihr Sorge, vor allem aber machen sie solche Hasskommentare im Netz auch wütend.
Wenn Chebli versucht, Täter ausfindig zu machen oder juristisch zu belangen, scheitert sie in neun von zehn Fällen. Zu groß ist die Macht der Internetplattformen, zu wenig rechtliche Mittel kann sie einlegen. Doch das soll sich jetzt ändern: Das Europäische Parlament stimmte heute in Straßburg dem "Digital Services Act", kurz DSA, zu.
Mit diesem Gesetz über digitale Dienste soll das Netz ein freierer und sichererer Raum für die Nutzer werden. Ziel der Europäischen Union ist es, mit dem "Digital Services Act" so etwas wie ein Grundgesetz fürs Internet zu schaffen.
Künftig sollen mit dem DSA unter anderem die Bekämpfung illegaler Produkte, Dienste und Inhalte im Internet geregelt, Nutzern von Dienstleistungen Anspruch auf Schadenersatz ermöglicht oder besser vor Desinformation geschützt werden. Die Zustimmung des EU-Parlaments gilt als gesichert.
Eine Überarbeitung des mehr als 20 Jahre alten E-Commerce-Gesetzes war längst überfällig. Nur wird die neue Gesetzgebung zum kraftvollen Tiger werden oder doch eher als Bettvorleger enden?
"Insgesamt hätten wir uns einen stärkeren Fokus auf den Schutz vor digitaler Gewalt gewünscht", bemängelt Josephine Ballon. Die Rechtanwältin engagiert sich bei der Betroffenenorganisation "Hateaid" seit Jahren für die Opfer digitaler Gewalt und findet, dass das Gesetz zu kurz greife. Ihrer Meinung nach ist es "naiv, sich auf die Bekämpfung systemischer Risiken zu beschränken, da diese digitale Gewalt nicht beseitigen werden".
So wird im Gesetz wohl zwar klar geregelt sein, wie im Fall von Gewalt und Hass im Netz vorzugehen ist. Und Betroffene können die Internetplattformen wie Facebook, Instagram, YouTube, Twitter & Co. künftig bitten, die betreffenden Kommentare im Netz zu löschen.