Die Omikron-Welle hat die Schulen voll erwischt
Süddeutsche Zeitung
Berlin hebt die Präsenzpflicht auf, in Nordrhein-Westfalen kollabiert das Testsystem, Schüler und Lehrer fallen massenhaft aus: Die Schulen sind in ihrer vielleicht schwersten Lage seit Pandemiebeginn. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Gehen den Schulen bald die Schüler aus?
Geschlossene Schulen gibt es derzeit, trotz massiv steigender Infektionszahlen gerade unter Kindern und Jugendlichen, kaum. Bundesweit waren vergangene Woche zehn Schulen vollständig geschlossen, das geht aus den jüngsten Zahlen der Kultusministerkonferenz (KMK) hervor. Seitdem sind einige dazugekommen, Baden-Württemberg etwa meldete am Mittwoch drei geschlossene Schulen. Doch es bleibt bislang bei Einzelfällen. Der Anteil der Schulen, die den Präsenzunterricht einschränken mussten - etwa indem sie einzelne Klassen nach Hause schickten - ist deutlich gestiegen, von 2,4 auf 6,5 Prozent. Umgekehrt bedeutet das aber: An 93,5 Prozent der deutschen Schulen lernten in der vergangenen Woche alle Klassen im Präsenzunterricht.
Doch wo Präsenzunterricht draufsteht, ist noch lange keine Normalität drin. Die Zahl der mit Corona infizierten Schüler hat sich von der zweiten auf die dritte Woche des Jahres 2022 verdoppelt, sie stieg von 73 000 auf fast 150 000. Das entspricht 1,5 Prozent aller Schüler. In Quarantäne befanden sich weitere 210 000. Mittlerweile dürften die Zahlen weit darüber liegen. Aus Baden-Württemberg etwa gingen in die KMK-Statistik 13 000 infizierte Schüler ein, am Mittwoch waren es schon mehr als 24 000. Noch etwas mehr Schüler befanden sich in Quarantäne, nämlich 28 000. Sie verteilen sich auf etwa 2900 der insgesamt 4500 Schulen des Landes. Anders gesagt: Fast zwei Drittel der Schulen in Baden-Württemberg sind im Moment unmittelbar von Corona betroffen, die einen weniger, die anderen mehr.
Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf sind besonders durch die Pandemie gefährdet, gesundheitlich wie sozial. Über Kinder, Eltern und Lehrkräfte, die sich von der Politik übersehen fühlen. Von Lilith Volkert
Wer dieser Tage mit Lehrern spricht, hört viel von Frust, Resignation und Überforderung in unterschiedlichen Eskalationsstufen. Vom Ausnahmezustand ist die Rede, mit dem man sich so gut wie möglich arrangiere, vom "Aussitzen der Welle", aber auch vom "täglichen Zusammenbruch". An geregelten Unterricht, das hört man fast immer, ist aktuell nicht zu denken - schon deshalb nicht, weil fast jeden Tag neue Schüler fehlen und andere zurückkehren. Es gibt Kinder, die allein im neuen Jahr mehrere Male wegen einer Infektion oder eines Verdachtsfalls in ihrer Klasse nach Hause geschickt wurden. Und es gibt Klassen, in denen nur noch eine Handvoll Kinder sitzen.