"Das haut uns nicht um"
Süddeutsche Zeitung
Die Ferienfluggesellschaft Condor hat wegen Omikron ihr Angebot verringert. Doch Airline-Chef Ralf Teckentrup glaubt an ein starkes Sommergeschäft. Ist das realistisch?
Der erste Blick auf die neue Unternehmenszentrale der Condor lässt nichts Gutes erahnen. Einst residierte die Verwaltung in einem ziemlich schicken Bürogebäude in "Gateway Gardens", wo zuletzt viele neue Hotels und Bürogebäude in Laufdistanz des Frankfurter Flughafenterminals entstanden sind. Doch mittlerweile ist die Airline umgezogen in einen scheußlichen Betonbunker in einem Gewerbegebiet am Rande von Neu-Isenburg - direkt zwischen dem Logistikzentrum einer Supermarktkette, einer Spedition und einem Ersatzteil-Service. Die Büros sind coronabedingt weitgehend verwaist, auf dem Tisch liegen die auch für Besucher vorgeschriebenen Schnelltests.
Ralf Teckentrup, seit nun 18 Jahren Chef der Ferienfluggesellschaft, lässt sich den Optimismus dennoch nicht nehmen, weder durch die allenfalls zweckmäßigen Büros noch die derzeit durch das Land schwappende Omikron-Welle. "Ich würde mal eine Wette machen, dass wir im Sommer bei 80 bis 90 Prozent der Vorkrisen-Nachfrage oder sogar höher liegen", sagt er. "Die Leute wollen in den Urlaub fahren, sobald sie es mit akzeptablen Risiken machen können."
Der 64-Jährige und sein Finanzchef Christoph Debus haben die Condor durch zweieinhalb stürmische Jahre geführt, in denen die Airline mehrmals kurz vor dem Aus stand. Im September 2019 kollabierte die Muttergesellschaft Thomas Cook. Condor musste selbst in ein Schutzschirmverfahren gehen, um Forderungen der Thomas-Cook-Gläubiger abwehren zu können. Die Bundesregierung sprang mit einem Überbrückungskredit ein. Die Corona-Pandemie traf Condor wie die ganze Flugbranche mit ungeheurer Wucht, zeitweise konnte die Airline nur eine Handvoll Frachtflüge mit umgebauten Boeings 767 anbieten. Das Geschäft stand nahezu still, und dann sprang auch noch der fest eingeplante Investor Polish Aviation Group ab. Mithilfe eines weiteren Kredits der KfW konnte Condor aber weiterfliegen. Das Unternehmen fand schließlich den Finanzinvestor Attestor, der frisches Kapital bereitstellte, das Überleben sicherte und dringend nötige Investitionen in die Flotte ermöglichte.
Und nun, nach alledem und einem ziemlich guten Sommer 2021, Omikron. "Der Zugang an neuen Buchungen ist seit Mitte Januar sehr übersichtlich", sagt Teckentrup. "Deswegen haben wir auch für die zweite Hälfte Januar und den kompletten Februar das Programm zusammengestrichen." Condor fliegt monatlich etwa 180 Rotationen auf der Kurz- und Mittelstrecke, ungefähr 25 bis 30 Prozent des normalen Programmes und die Hälfte dessen, was Condor noch im Herbst selbst prognostiziert hatte. Die Langstrecke läuft mit 40 bis 45 Prozent des normalen Niveaus besser, aber auch nicht gut.
Doch Teckentrup betont, die momentane Welle sei für das Unternehmen trotz allem keine Katastrophe. Im Winter geht es für die Ferienfluggesellschaft sowieso nur darum, die Verluste zu beschränken. Das Geld wird komplett im Sommer verdient. "Ein sowieso nicht gutes Geschäft im Winter ist jetzt halt weniger als halb so groß, wie wir einmal gedacht haben", so Teckentrup. "Aber das haut uns nicht um."