W. G. Sebald: Zeit für eine Chimäre
Frankfurter Rundschau
„Il Ritorno in Patria“: Ein Hörspiel zu einer Erzählung W. G. Sebalds aus „Schwindel. Gefühle“.
Im Dezember ist es zwanzig Jahre her, dass der in England lebende und arbeitende Schriftsteller W. G. Sebald tödlich verunglückte. Doch eher locker an dieses Datum angebunden ist eine 50-minütige Hörspiel-Produktion des Schweizerischen SRF in Coproduktion mit dem ORF, die beim SRF bereits als Podcast abgerufen werden kann (die auf srf.ch auch leicht gefunden werden kann) und vom ORF zum Todestag gesendet werden wird. „Il Ritorno in Patria“ beruht auf der letzten, gleichnamigen Erzählung im 1990 erschienenen Band „Schwindel. Gefühle“. Aber wo dort nur von der Rückkehr des Erzählers nach „W.“ die Rede ist, benennen die Hörspiel-Autoren Johannes Mayr und Ralf Bücheler dieses Wertach im Allgäu, wo Sebald aufgewachsen ist, lassen auch von einigen der Figuren – Crescentia Dünsser darunter als Anna Ambroser, Gabi Striegl als Rezeptionistin – kräftig Dialekt sprechen. Und erstaunen, indem sie Sebald selbst als einen philosophierenden, kommentierenden „Wanderer“ einführen, auf den der Erzähler, August Zirner, zufällig trifft – oder den er gar imaginiert? – und der, ungefragt, so allerlei Nachdenkenswertes, auch Unwirsches beisteuert. Sebald war offenbar häufiger in Radiosendungen zu Gast, Mayr und Bücheler haben sich das zunutze gemacht. Es verblüfft, wie viele der Sätze wie just gesprochen sein könnten. Sei es, dass vom „Ausmaß der Verschandelung“, den Verheerungen der Umwelt die Rede ist. Sei es, dass ein pessimistisches Fazit des „Wanderers“ lautet: „Mehr kann man nicht mehr machen als zuschauen.“More Related News