
Nora Weinelt – „Versager“: Von der Bürde des Gelingens
Frankfurter Rundschau
Die Literaturwissenschaftlerin Nora Weinelt ist der Frage nachgegangen, wie „Versager“ zu solchen gemacht werden – und was das mit uns macht. Von Harry Nutt
Das dem Modemacher Karl Lagerfeld zugeschriebene Urteil, dem zufolge jemand, der mit einer Jogginghose bekleidet auf die Straße tritt, bereits die Kontrolle über sein Leben verloren habe, ist inzwischen inflationär verbreitet. Es wird nicht nur zur Markierung modischer Fehltritte eingesetzt, sondern in Abwandlungen auch auf Haltungen, Redewendungen und Vorlieben aller Art bezogen. Hört man etwas genauer zu, dann dient der vermeintliche Nachweis des Kontrollverlusts anderer der Stabilisierung einer Deutungshoheit, über die die jeweiligen Sprecherinnen und Sprecher nicht verfügen. Fast immer geht die kokette Redewendung mit angedeutetem Unernst einher. Ganz so eindeutig möchte man das Versagen der anderen dann doch nicht benennen – zumindest nicht innerhalb der kommunikativen Nahbeziehungen.













