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Mach es wie Djokovic!

Mach es wie Djokovic!

Süddeutsche Zeitung
Wednesday, January 26, 2022 04:59:52 PM UTC

Aussichtslos in Rückstand, fragt sich Daniil Medwedew auf dem Platz: "Was würde Novak tun?" Der Russe dreht dann dramatisch das Viertelfinale gegen Felix Auger-Aliassime.

Matchball. Jetzt fehlte Felix Auger-Aliassime nur noch der eine Punkt. Dann stünde er, 21 Jahre alt, aus Montreal, der Vorzeigeprofi des kanadischen Tennisverbandes, der ihn sein halbes Leben lang gefördert hatte, im Halbfinale der Australian Open. Dass Auger-Aliassime derart weit bei Grand-Slam-Turnieren vorstoßen kann, ist keine Neuigkeit mehr. 2021 hatte er das Viertelfinale in Wimbledon erreicht und das Halbfinale bei den US Open. Neunter der Weltrangliste ist er. An diesem Mittwochabend in Melbourne führte Auger-Aliassime 7:6 (4), 6:3, 6:7 (2), 5:4 - und 40:30.

Dann schlug Daniil Medwedew einen seiner härtesten Aufschläge bis dahin. Weit über 200 Stundenkilometer schnell war der Ball. Einen zweiten Matchball sollte Auger-Aliassime nicht erhalten. Dabei hatten sie 4:42 Stunden gespielt. Eine Ewigkeit.

Nick Kyrgios und Thanasi Kokkinakis interpretieren Tennis auf völlig neue Art: Sie geben sich laut, schrill, aufwiegelnd. Ihre Fans johlen - doch das Verhalten kommt nicht überall gut an.   Von Gerald Kleffmann

Nachdem Medwedew, die Nummer zwei der Welt, der US-Open-Champion, an dem Auger-Aliassime schon vor vier Monaten in New York gescheitert war, die letzten beiden Sätze mit 7:5 und 6:4 gewonnen hatte und der enttäuschte Verlierer aus der bebenden Rod Laver Arena geschlichen war, legte der Russe beim Platz-Interview ein skurriles Geständnis ab. Er erklärte, wie er die Niederlage abgewendet hatte. "Ich weiß nicht, ob die Leute das mögen, aber ich sagte mir selbst: Was würde Novak machen?" Tatsächlich buhten einige. Die Reaktion nahm Medwedew lachend entgegen. So hat also auch Novak Djokovic, der Weltranglisten-Erste und neunmalige Sieger in Melbourne, der nach der wilden Visum-Affäre das Land noch vor dem ersten Tag der Australian Open hatte verlassen müssen, spät noch Einfluss aufs Turnier genommen. Diesmal ist er aber zu hundert Prozent unschuldig involviert gewesen.

Die Anekdote, die Medwedew da so belustigt erzählt hatte, hatte fürwahr zu einem erstaunlichen Ergebnis geführt. Plötzlich rannte er bedingungslos, maulte (fast) nicht mehr, es war, als hätte er sein eigentliches Ich abgestreift. "Ich dachte, er muss das schon selbst gewinnen." Keinen Punkt wollte Medwedew dem lange furios aufspielenden Auger-Aliassime schenken. Do it like Novak! Und so, das stellte der Russe zurecht fest, kippte "das Momentum". Er ist nun der Erste, der bei diesen Australian Open einen 0:2-Satzrückstand aufholte. Medwedew ist zäh.

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