Gislasons Risiko wird belohnt
Süddeutsche Zeitung
Die deutschen Handballer stehen in der EM-Hauptrunde, dabei überrascht Bundestrainer Gislason mit seiner Personalpolitik - und gibt Debütanten wie Torwart Till Klimpke viel Spielzeit. Dahinter steckt ein langfristiger Plan.
Da stand er nun und wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Er sei "ein bisschen überwältigt", sagte Till Klimpke, "ich habe nicht geglaubt, dass es so ein gutes Spiel wird." Viel mehr brachte der 23-jährige Handball-Torhüter in diesem Moment nicht heraus, da von allen Seiten Lob auf ihn einprasselte. Was niemanden verwundern durfte, gerade mal 48 Stunden zuvor war der 1,98 Meter große Schlaks von der HSG Wetzlar noch der unglücklichste Mann in der Halle gewesen.
Zwar hatten die Kollegen einen Fünf-Tore-Rückstand gegen Belarus in einen 33:29-Sieg gebogen, aber ohne Klimpke. Der hatte überraschend in der Anfangsformation gestanden, sein EM-Einstand verlief aber reichlich unglücklich: Klimpke bekam keinen einzigen der ersten sieben Bälle zu fassen, ehe ihn Bundestrainer Alfred Gislason erlöste und durch Routinier Andreas Wolff ersetzte. Für den Debütanten war es dabei wenig tröstlich, dass er von den Vorderleuten ein ums andere Mal im Stich gelassen wurde.
Nach holprigem Beginn gewinnt Deutschland bei der Handball-EM mit 34:29 gegen Österreich - nun geht es gegen Polen um den Gruppensieg. Von Ralf Tögel
Am Sonntagabend hatte ihn Bundestrainer Alfred Gislason - noch überraschender - wieder in die Anfangsformation beordert, aber dieses Mal offenbarte Klimpke seine Fähigkeiten. Er war der große Rückhalt beim 34:29-Erfolg gegen die Auswahl Österreichs und überzeugte mit 14 teils äußerst sehenswerten Paraden. Klimpke nahm den Österreichern freie Würfe vom Kreis, von Außen; aus dem Rückraum ist an ihm ohnehin schwer vorbeizuwerfen. Und: Dieses Mal holte ihn Gislason nicht vom Feld, obwohl sein Team wieder mäßig gestartet war, die Abwehr wieder nicht funktionierte und Deutschland zur Pause 15:16 hinten lag. Klimpke dankte es ihm mit einer starken Leistung.
Nun hat die Auswahl des Deutschen Handballbunds (DHB) vorzeitig die Hauptrunde gebucht, gegen Polen geht es im letzten Vorrundenspiel am Dienstag (18 Uhr, ZDF) um den Gruppensieg. Sportvorstand Axel Kromer bezeichnete die Partie bereits als "erstes Hauptrundenspiel", da der Sieger die beiden Punkte in die nächste Turnierphase mitnimmt. Welche Spieler dann zur Verfügung stehen, war am Montag weiter fraglich. Nachdem Rückraumspieler Julius Kühn in Quarantäne musste, wurde auch dessen Nachrücker Hendrik Wagner positiv getestet.