
Die historische Rede des Frank-Walter Steinmeier
Die Welt
Frank-Walter Steinmeier hat heute die umstrittene Documenta fifteen in Kassel mit einer wegweisenden Rede eröffnet. Endlich sprach der Bundespräsident aus, worauf man bei Claudia Roth vergeblich gewartet hatte. Warum Steinmeier seinen Auftritt beinahe abgesagt hätte – und jetzt alles anders werden muss.
Schon der erste Satz der Rede von Frank-Walter Steinmeier zur Eröffnung der Documenta, Deutschlands traditionsreichem Kunstfestival, ist ein Hammer: „Ich will offen sein: Ich war mir in den vergangenen Wochen nicht sicher, ob ich heute hier bei Ihnen sein würde.“ Die Absage wäre einer klaren Ansage gleichgekommen: Seit der ersten Documenta 1955 wurde die Schau vom deutschen Bundespräsident eröffnet. Dieser Satz zeigte an, dass diese Ansprache wohl zu einem historischen Moment werden würde: eine klare Kritik an den Verantwortlichen der Documenta fifteen. Denn wer glaubte, dass Steinmeier nun zur Tagesordnung übergehen würde, der irrte. Er legte erst richtig los: ruhig, klar und präzise.
Der prägnanteste Satz bleibt in Erinnerung: „Verantwortung bleibt, ja! Sie lässt sich nicht outsourcen“. Er richtete ihn direkt an die „Geschäftsführung und an die Gesellschafter der documenta“, forderte sie auf, dieser „anspruchsvollen Vermittleraufgabe“ gerecht zu werden. Diese Klarheit hätte man sich in den vergangenen Wochen auch von Kulturstaatsministerin Claudia Roth oder vom Kassler Oberbürgermeister Christian Geselle gewünscht.
