Wolfgang Streeck „Zwischen Globalismus und Demokratie“: „Ein Zerfall der EU zeichnet sich in der Tat ab“
Frankfurter Rundschau
Der Soziologe Wolfgang Streeck über die Entstehung einer neuen, bipolaren Weltordnung und die Rolle Europas und Deutschlands darin
Herr Streeck, in Ihrem Buch „Zwischen Globalismus und Demokratie“ befassen Sie sich mit Imperien. Erleben wir gerade den Abgesang einer Supermacht, den der USA?
Wir sind Zeugen des Endes des amerikanischen Imperiums und des Aufstiegs Chinas, der Zeit einer neuen Bipolarität. Dieses historische Ereignis ist für die zukünftige Strukturierung des Staatensystems zentral. Nicht nur die letzten Ereignisse in Afghanistan zeigen den Machtverlust der USA. Ein 20-jähriger Krieg, den sie nicht gewinnen konnten. Die Amerikaner haben sich nach 1945 eigentlich immer so verstanden, dass es keinen Krieg auf der Welt geben darf, den sie verlieren. Dafür haben sie in Vietnam zwischen drei und sechs Millionen Menschen sterben lassen. Keiner kann das mehr erklären, und verloren haben sie trotzdem.
Und sich in das nächste Desaster begeben…