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US-Wirtschaft wächst so stark wie seit 1984 nicht mehr

US-Wirtschaft wächst so stark wie seit 1984 nicht mehr

Süddeutsche Zeitung
Thursday, January 27, 2022 03:39:37 PM UTC

Das Bruttoinlandsprodukt legt 2021 um 5,7 Prozent zu. Im Weißen Haus müsste Hochstimmung herrschen, doch das Gegenteil ist der Fall.

Der Wiederaufschwung nach der Corona-Rezession hat den USA im abgelaufenen Jahr 2021 das höchste Wirtschaftswachstum seit 1984 beschert. Wie das Amt für Wirtschaftsanalysen am Donnerstag in Washington mitteilte, legte das Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber 2020 um 5,7 Prozent zu. Experten hatten im Schnitt ein leicht geringeres Plus von 5,5 Prozent erwartet.

Ob der Rekordwert für Präsident Joe Biden ein Grund zum Feiern ist, darf aber bezweifelt werden. Zum einen war das Jahr 2021 durch Besonderheiten sowie viele Aufs und Abs gekennzeichnet. Zum anderen haben zwei Drittel der Bürger trotz aller guten Daten den Eindruck, dass ihr Land wirtschaftlich gesehen auf einem falschen Kurs ist. Schuld daran ist vor allem die Inflation, die im Dezember mit sieben Prozent ebenfalls den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht hatte. Entsprechend miserabel sind Bidens Umfragewerte.

Zurückzuführen war das Rekordwachstum des Jahres 2021 unter anderem auf gleich mehrere Konjunktur- und Reformpakete, die der Kongress auf Vorschlag Bidens, teilweise aber sogar noch unter dessen Amtsvorgänger Donald Trump aufgelegt hatte. Die Programme spülten Billionen in die Kassen von Bürgern und Unternehmen, bewahrten Firmen vor der Insolvenz und Menschen vor Armut. Das Wachstum fiel deshalb - und wegen der Einbrüche im Vergleichszeitraum 2020 - gleich zu Jahresbeginn sehr hoch aus, schwächte sich im Sommer deutlich ab, um im Herbst dann wieder kräftig zuzulegen. Auf das Gesamtjahr hochgerechnet stieg das BIP im vierten Quartal um 6,9 Prozent.

Auch diese Nachricht jedoch klingt besser als die Realität ist, denn in den letzten Wochen des Jahres 2021 sorgte die Omikron-Welle auch in den USA für Millionen Infektionen und eine erneute Eintrübung der Konjunktur. Entsprechend ungewiss ist, wie es 2022 weitergehen wird: Einerseits sitzen die Bürger weiter auf viel Geld, das sie ausgeben möchten, sobald Restaurantbesuche, Reisen und viele andere Dinge wieder gefahrlos möglich sind. Andererseits dürfte die US-Notenbank schon im März mit Leitzinserhöhungen beginnen, um die Inflation einzudämmen. Folgen die Geschäftsbanken dem Trend und heben ihrerseits die Kreditzinsen an, könnte das die wirtschaftliche Entwicklung bremsen.

Ähnlich zweischneidig ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt. So sorgte der Konjunkturaufschwung zwar dafür, dass die Zahl der Beschäftigten 2021 um 6,4 Millionen stieg und die Erwerbslosenquote auf 3,9 Prozent sank. Zugleich liegt die Beschäftigung aber immer noch um mehr als drei Millionen Menschen unter dem Wert von vor Beginn der Pandemie. Manche der Betroffenen haben Corona offensichtlich zum Anlass genommen, sich vorzeitig in den Ruhestand zu verabschieden. Andere haben die Suche nach einem Job vorübergehend eingestellt, weil sie sich beispielsweise um ihre Kinder kümmern müssen oder aus Angst vor einer Infektion noch nicht wieder mit Kunden oder Gästen zu tun haben wollen. Wie viele von ihnen dem Arbeitsmarkt dauerhaft den Rücken kehren werden, gehört zu jenen Rätseln, die Ökonomen, Wirtschaftspolitiker und Notenbanker in den USA zur Zeit am meisten beschäftigen.

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