Ugo Rondinone im Städel Garten: Geheimnisvolles aus dem Maskenkreis
Frankfurter Rundschau
Im Städel Garten hat der Schweizer Ugo Rondinone zwölf Skulpturen aufgestellt, die mit der Erfassung von Zeit spielen.
Diffuses Morgenlicht schimmert matt auf den silbernen Oberflächen überdimensionierter Fratzen. Der Tag ist zwar schon ein paar Stunden alt, aber im Garten des Städel Museums kann man den Sonnenaufgang trotzdem noch mal erleben, zumindest auf künstlerisch-konzeptionelle Art und Weise. Es ist ein Morgen, der einen schmunzeln lässt, eine spontane Reaktion, wenn man in die Gesichter der Skulpturen von Ugo Rondinone schaut. „Sunrise. East.“ heißt die Ausstellung, die den Titel der Werkgruppe des schweizerischen Künstlers übernimmt. Im vergangenen Jahr hatte er eine Schau in der Schirn Kunsthalle Frankfurt, schon da war die Installation im Garten des Frankfurter Städel mitgedacht und Teil des Konzepts, sagt Svenja Grosser, die Kuratorin für Gegenwartskunst.
In einem großen Kreis hat Rondinone zwölf seiner silbernen Masken um den Hügel über den Gartenhallen des Museums gestellt. Es wirkt wie ein okkultes Fest, könnte vielleicht eine zeitgenössische Version der Moai-Steinköpfe der polynesischen Osterinsel sein oder des Steinkreises von Stonehenge. Möglicherweise ist das hier eine Kultstätte, die ein geheimes Wissen in sich trägt. Man tritt in den Kreis, schaut sich um, schaut in die Maskengesichter, ist mittendrin in einem skurril-mystischen Erlebnis.
Unbedingt die allerfreundlichsten Typen sind das zwar nicht, wobei: auf freche Art charmant wirken diese geschlechtlich undefinierbaren, fremden Wesen dennoch irgenwie. Woher kommen diese Gestalten? Wie sind sie in dieser Welt, in dieser Zeit gelandet? Ein breites Grinsen in einem deformiert wirkenden Kopf - eigentlich ist’s mehr Mimik als Gesicht -, ordentliche Zahnreihen, runde Löcher, die Augenhöhlen sind und in denen Pupillen leicht irre in die Luft starren. Schnabelartige Gesichtsformen, karikaturhafte, schelmische Ausdrücke, auch schlechtgelaunte sind dabei, mit herabhängenden Mundwinkeln. In der Schlichtheit, ihrer auf das Wesentliche reduzierten Gesten kann man leicht ein emotionales Statement ablesen. Sind das Emojis aus einer Parallelwelt? Was wollen diese Wesen denn hier?
Es sind zwölf an der Zahl, jede einzelne Maske steht für einen Monat im Jahr, erklärt die Kuratorin. Man kann sich einen Spaß machen und selbst versuchen herauszufinden, welche Maske für welchen Monat stehen könnte. Etwa für den eigenen Geburtsmonat. Es wird schwierig, aber es ist auch nicht vollkommen unmöglich. Im Dezember hat die Maske den Mund zu einer runden Öffnung geformt, so als pfeife sie oder puste die restlichen Atemzüge des Jahres hinaus. Im Hochsommer lächelt einen ein Gesicht an, das in eine Art Anzug oder Umgebung gehüllt ist - das als Anhaltspunkt.
„Wir haben absichtlich darauf verzichtet, Ausstellungstexte anzubringen“, sagt Svenja Grosser. Es gehe hier nicht vordergründig darum, faktisches Wissen zu vermitteln, sondern um einen assoziativen Umgang der Besucherinnen und Besucher mit den Werken. Manche erinnerten die Plastiken vielleicht an Basteleien in der eigenen Kindheit, andere sähen direkt kulturhistorische Verbindungen – alles ist erlaubt, der Grad des Eintauchens in die Thematik natürlich selbstbestimmbar.