Ohne Scham und falsche Verlegenheiten
Die Welt
Am Rand einer traurigen Fußgängerzone befindet sich Berlins heiterste Galerie. Die Kulturmanagerin Lina Stallmann hat sie in Charlottenburg gegründet. Sie glaubt an den Erfolg von Kunst und Leben – ganz dicht beieinander.
Das Wort „Fußgängerzone“ lässt nicht an Kunst denken. Außer vielleicht an Chagall-Poster von Nanu-Nana oder an jene hässlichen, von Graffiti überzogenen Metallhindernisse, hergestellt von Lokalkünstlern, die mal mit dem Bezirksbürgermeister Weißwein getrunken haben. Die einzige Fußgängerzone Berlins liegt im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie bildet keine Ausnahme von der typisch deutschen, urbanen Depression mit Billigläden und Handyshops. Und doch, gleich um die Ecke von McDonald’s, befindet sich hier eine Galerie. Sie heißt Stallmann.
Ebenso unprätentiös wie ehrgeizig präsentiert die junge Galerie hauptsächlich Künstler, die man noch nicht kennt. Momentan ist dort unter dem Titel „Do you live here?“ eine Gruppenschau mit Malerei, Fotografie, Skulptur und Design zu sehen. Dort sieht es aus wie in einer belebten, überaus avantgardistischen Wohnung. Die Ausstellung zeigt, wohin die Reise der hellwachen Galeristin Lina Stallmann und ihres Partners, des Malers Daniel Spivakov, bald gehen könnte: nämlich aufwärts.