Lernen nebenbei im Schulversuch
Frankfurter Rundschau
Wissenschaftlich begleitete Schulversuche liegen im Trend in Deutschland. Die Technische Universität und die Stadt Dresden testen ein einzigartiges Konzept, mit mehr Freiheit und Flexibilität - und Datengewinnung.
Dresden - „Hier sieht man gar nichts“, ruft Lotta. Matthias Böttinger läuft um die zu Inseln zusammengestellten Tische im Themenraum der Universitätsschule Dresden und hilft. „Stimmt, weil das Licht aus ist“, sagt der Pädagoge, den die Kinder mit Vornamen rufen.
Manche der Sechs- bis Neunjährigen sind alte Hasen und helfen den Jüngeren der Neptun-Gruppe beim ersten Mikroskopieren. Das bundesweit einzigartige Bildungsprojekt in einem alten Plattenbau aus DDR-Zeiten in Sachsens Landeshauptstadt funktioniert gut, sagt Projektleiterin Anke Langner. Sie ist Professorin für Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Inklusive Bildung an der TU Dresden.
Projekte und Workshops statt Frontalunterricht, jahrgangs- und fachübergreifend, zugunsten von Freiheit und Flexibilität für Schüler, Lehrer und Eltern. Hier sind Stühle und Tische mobil, nach Bedarf kombinierbar statt streng in Reih' und Glied auf die Tafel ausgerichtet - und es steht kein Lehrer vorn und sagt, was auswendig gelernt werden muss.
„Das Besondere ist, dass wir hier mit den Kindern gemeinsam arbeiten, auf einer Ebene, aber auf individuellem Niveau“, sagt Böttinger. „Sie sind neugieriger, selbstbewusster und mutiger, manchmal auch überfordert, das fangen wir dann auf“, sagt der 37-Jährige. Und die Kinder überraschten mit Vorwissen, „aber auch Fragen, auf die wir Erwachsene nicht mehr kommen“. Es gebe viele, die er nicht beantworten könne. „Das machen wir dann gemeinsam.“
Gelernt wird in Teams statt Klassen, Arbeitsräumen statt Klassenzimmern, es gibt Verabredungen statt Stundenpläne, weder Hausaufgaben noch Pausenklingel in der bundesweit einzigartigen Versuchsschule. „Wir lernen alle gemeinsam, sowohl Lehrende als auch Lernende“, erzählt die Leiterin der 2019 gegründeten Schule, Maxi Heß. „Da gibt es viele Krisen und tolle Konfetti-Momente.“