Handball-Märchen? "Das macht der tagtäglich!"
n-tv
Julian Köster kommt als Zweitliga-Spieler zur Europameisterschaft und plötzlich lastet eine große Verantwortung auf den Schultern des Rückraumspielers: Im richtungsweisenden Vorrundenfinale muss er der geschwächten Mannschaft helfen. Und der 21-Jährige liefert beeindruckend.
Viele, viele Namen schwirren von Bratislava aus durch die Sportwelt: Neun Spieler der deutschen Handball-Nationalmannschaft wurden bis wenige Stunden vor dem richtungsweisenden EM-Spiel gegen Polen positiv getestet und fallen möglicherweise für den Rest des eng getakteten Turniers aus. Die Europameister Kai Häfner, Julius Kühn und Andreas Wolff fehlen, mit Till Klimpke verabschiedet sich auch der zweite Torwart und nach dem Aus von Marcel Schiller, Timo Kastening und Lukas Mertens herrscht auch auf den Außenpositionen blanke Not. Kurzfristig machten sich mit Paul Drux, Fabian Wiede, Sebastian Firnhaber, Torwart Johannes Bitter und Rune Dahmke fünf Spieler auf nach Bratislava, um diese zu lindern.
Wenige Stunden nach ihrer Ankunft stehen Bitter und Dahmke in der Startformation - einfach, weil sie die einzigen verfügbaren Spieler auf ihrer Position sind. Der 39-jährige Bitter, der sein erstes Länderspiel am 4. Januar 2002 bestritten hatte, wird später vom "wohl Verrücktesten" sprechen, das er "im Handball jemals gemacht" habe. Mit Wiede und Drux standen Bundestrainer Alfred Gislason kurzfristig zwei international mit Titeln, Medaillen und Erfahrung ausgestattete Rückraumspieler zur Verfügung. Das Spiel, das die so schlimm durchgeschüttelte Mannschaft begeisternd mit 30:23 gewinnt, hätte ihre Geschichte werden können. Doch es kam anders.
Denn statt der Berliner Rückraumstars machten zwei den Schritt ins Licht, von denen im Vorfeld wenig die Rede war: Christoph Steinert hatte zuvor in zwei Spielen schon achtmal getroffen, der Erlanger ersetzte im rechten Rückraum Kai Häfner und Marcel Schiller als etatmäßiger Siebenmeterschütze. Kunststück: Das Geburtstagskind vom Dienstag kompensierte gleich beide Ausfälle und traf neunmal. Weil zwischendurch auch Djibril M'Bengue mal aufs Feld durfte, musste sich der hochkarätige Nachrücker Fabian Wiede nicht einmal die Trainingsjacke ausziehen.