
DAM Preis 2022: Die Zukunft – einfach gebaut
Frankfurter Rundschau
Die besten Bauten in Deutschland sind schlicht, nachhaltig, sozial
Man schließt die Tür auf und steht direkt in der Küche. Die Wohnungen in San Riemo haben keinen Flur. Man kommt hinein und ist mitten im Leben. Wohin mit dem Mantel, dem Schlüssel? Egal erstmal. Von hier gelangt man überall hin, denn alle Räume sind um die Küche herum platziert. Vorab, also vor Einzug, hat man bereits geklärt, wie genau man hier in San Riemo wohnen möchte. Möglichst normal, wie man das auch von anderen Wohnungen kennt? Das nennt sich hier Basiswohnen. Beim Filialwohnen sind die privaten Räume etwas kleiner, die gewonnene Fläche wird gemeinschaftlich genutzt.
Dann gibt es noch das Nukleuswohnen, das geht so: „Mehrere Wohnungen geben Flächen in einen ,Pool‘, dessen Nutzung neu und wechselnd definiert werden kann. Jede Partei behält aber auch einen individuell bewohnbaren Nukleus. So entsteht bewegliche Fläche, die untereinander je nach Bedarf dazugenommen oder abgegeben werden kann.“
„San Riemo“ ist ein vom Architekturteam Arge Summacumfemmer mit dem Büro Juliane Greb entworfenes Wohnhaus im Münchner Stadtteil Riem, das jetzt mit dem DAM Preis für Architektur in Deutschland ausgezeichnet wurde. Das Modell, Fotos und einen Film darüber kann man sich in der neuen, vorübergehenden Dependance des Deutschen Architekturmuseums im Ostend angucken. Hier hat das Museum während des Umbaus seines eigenen Hauses ein Loft in einem Bürogebäude zur Verfügung. Präsentiert werden die 26 „besten Bauten“, die, was Nutzen und Erscheinungsbild angeht, eine enorme Spannweite aufweisen: Von Rem Kolhaas‘ Axel-Springer-Neubau in Berlin - einem spektakulären Bürogebäude mit 3000 Arbeitsplätzen - bis hin zu einem schlicht anmutenden muslimischen Wasch- und Gebetshaus in Hamburg, das von Medine Altiok Architektur entworfen wurde.
Zu den Finalisten zählt neben dem Axel-Springer-Bau, der ursprünglich die Zukunft des Arbeitens demonstrieren sollte, in Corona-Zeiten aber natürlich erstaunlich unzeitgemäß wirkt, die John-Cranko-Schule in Stuttgart. Dabei handelt es sich um eine Ballettschule mit Internatsgebäude, die von Burger Rudacs Architekten an einen Hang gebaut wurde. Eine Reihe geradezu brutal schlichter Sichtbetonquader führt wie eine Treppe den Hügel hinauf. Eingänge gibt es oben und unten. Auch im Inneren dominieren Sichtbeton und klare Strukturen, absolut nichts wirkt hier dekorativ oder aufgehübscht, was für die Ballettschülerinnen und -schüler eine bemerkenswert starke Kulisse abgibt.
Kein Zierrat - das gilt auch für die Forschungshäuser „Einfach Bauen“ in Bad Aibling. Das Architekturbüro von Florian Nagler hat hier drei unspektakuläre, von außen fast identisch aussehende Häuser mit flach geneigten Dächern hingestellt, die es allerdings in sich haben, weil sie in unterschiedlichen Bauweisen aus verschiedenen Materialien errichtet wurden.













