Alois Prinz „Das Leben der Simone de Beauvoir“: Die Frau, die kam und blieb
Frankfurter Rundschau
Rassismus, Kolonialismus, Feminismus – keines der heute brandaktuellen Themen, das nicht schon von der französischen Ikone durchdacht worden ist. Eine Biografie über Simone de Beauvoir
Wer als junger Mensch in den 60er und 70er Jahren sozialisiert wurde, kam nicht umhin, sich irgendwann mit der Lebensweise des französischen Intellektuellenpaares Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre auseinanderzusetzen. Ihr Leben oder das, was man darüber zu wissen meinte, wurde zum Vorbild oder zum Gegenstand heftiger Ablehnung. Ihre lebenslange Beziehung gilt heute als Modell einer geistigen und emotionalen Bindung, in der doch jeder seine Persönlichkeit zu entfalten vermochte. Für Risiken und Nebenwirkungen gab es keine Packungsbeilage.
Simone der Beauvoir und Jean-Paul Sartre blieben ein Leben lang beim distanzierten Sie. Obwohl oder weil ihre Verbindung früh auf Dauer angelegt war, duldeten sie wechselnde Partnerschaften. Einige Liebschaften Sartres mündeten später in engen Freundschaften zwischen Beauvoir und der anderen, ihr erster, 1943 erschienener Roman „Sie kam und blieb“ handelte von einer ebensolchen Dreiecksbeziehung.
Gemeinsam lehnten sie bürgerliche Lebensweisen ab, die meiste Zeit wohnten sie in billigen Hotels, Eigentum, von ein paar Büchern abgesehen, galt als verpönt. Geld, das übrig bleibt, war für Sartre ein Ärgernis, immer wieder unterstützten sie in den anhaltenden Phasen ihres Ruhms und Reichtums junge Kollegen oder politische Projekte. Sie machten sich nichts aus ihrer Berühmtheit, die sie allerdings durch ihre permanent öffentlich verhandelten Haltungen und Ideen weiter anhäuften.