Warum werden Züge immer wieder zu Tatorten?
n-tv
Erneut sticht ein Messerangreifer in einem Zug um sich - und verletzt dabei unschuldige Fahrgäste tödlich. Was treibt die Täter, die oft als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind, an? Warum gehen sie ausgerechnet in Zügen auf ihre Opfer los? Ein Kriminologe gibt Antworten.
Die tödliche Messerattacke in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein erinnert an ähnliche Bluttaten der vergangenen Jahre. In einigen dieser Fälle spielten psychische Erkrankungen eine Rolle, in anderen eine islamistische Ideologie - oder auch beides zusammen. Manchmal blieb das Motiv diffus. Die Täter sind oft Menschen, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind, ohne in ihrer neuen Umgebung richtig Fuß zu fassen. Es sind Menschen am Rande der Gesellschaft, die mit den für andere Schutzsuchende passenden standardmäßigen Integrationsangeboten nicht erreicht werden. Oft fallen sie durch Gewalttätigkeit auf und leben auch nach Jahren noch in öffentlichen Einrichtungen.
Nicht nur der staatenlose Palästinenser Ibrahim A., der am Mittwoch in einem Zug zwei ihm offensichtlich unbekannte junge Menschen getötet und fünf weitere Fahrgäste verletzt hat, ist so ein Fall. Wegen mehrerer Straftaten saß er im Gefängnis. 2021 erhielt er Hausverbot in einer Kieler Gemeinschaftsunterkunft. Auch der junge, psychisch kranke Somalier, der im Sommer 2021 - etwa sechs Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland - in Würzburg drei Frauen erstach, war bereits zuvor gewalttätig geworden. Auch er lebte zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft.
Die Biografien der Täter zeigen, dass viele von ihnen aus Kriegs- oder Konfliktregionen stammen, eher jung und kinderlos sind, zum Zeitpunkt der Tat keiner Erwerbstätigkeit nachgingen und nicht mit einer Partnerin oder Angehörigen zusammenleben. Fundierte Forschung zu dieser Tätergruppe gibt es aber bislang - mit Ausnahme der Betrachtung islamistisch motivierter Verbrechen - kaum. Beispielsweise zu der Fragestellung, mit welchen Hoffnungen und Vorstellungen die Betroffenen gekommen sind - und wie sie später auf die deutsche Gesellschaft und die Möglichkeiten, die sie ihnen bietet oder auch nicht bietet, blicken. Auch das bundesweite Lagebild zur Kriminalität im Kontext von Zuwanderung hilft hier nicht viel weiter.