
Unterwegs in Platons Seelenwagen
Frankfurter Rundschau
Zum Geburtstag des Dalai Lama: Die Wiedergeburtslehre als Bestandteil der Geschichte der Philosophie. Von Michael Hesse
Wie würde man sein Leben wohl leben, wenn man es in allen Einzelheiten unendlich oft noch einmal leben müsste? Vielleicht würde man doch einiges entschieden anders machen. Sicher ist das aber nicht. Denn Menschen leben auch mit der Tatsache, nur ein Leben zu haben, und dennoch verwenden sie viel Zeit für Dinge, die ihnen wenig nutzen. Aber vielleicht hat die Vorstellung der unendlichen Wiederholbarkeit doch weniger Schockwirkung als die Tatsache, dass es mit diesem einen Leben getan ist. Mit der „Ewigen Wiederkunft des Gleichen“ jagte einst Friedrich Nietzsche einer ganzen Generation einen gehörigen Schrecken ein. Jeder denkbar mögliche Zustand der Welt könnte bereits unendlich oft eingetreten sein und überdies noch unendlich oft eintreten. Bezogen auf unsere Existenz heißt das: Was, wenn sich unser Leben tatsächlich unendlich viele Male wiederholt? In dem Gedanken steckt zugleich eine Aufforderung: Lebe so, dass du dein Leben bejahen kannst, auf dass es ewig wiederkehren könne. Nietzsche transformierte so mit seiner „Wiederkunft des Gleichen“ das Reinkarnationsprinzip in eine existenzialistische Prüfung des Selbst.













