Künstlerin Kara Walker: Ein Kosmos voller Abgründe
Frankfurter Rundschau
Fragmente einer großen Zeichnerin: Die US-Amerikanerin Kara Walker gewährtin der Frankfurter Schirn einen umfangreichen Blick in ihr Archiv.
Wann wirst du darüber hinwegkommen? Wann wann wann?“ In schnellen Buchstaben aufs Papier geworfen, kann dieser Satz alles Mögliche bedeuten. Da er von einer Schwarzen Künstlerin stammt, die sich unter anderem mit Rassendiskriminierung und Geschlechterfragen auseinandersetzt, ist man allerdings ziemlich schnell dabei, diesen Worten einen klaren Kontext zu verleihen: Es geht um Rassismus. Oder? Schon ist man in eine Falle getappt, denn bei Kara Walker, die derzeit in der Frankfurter Schirn Kunsthalle mehr als 600 Werke zeigt, geht es keineswegs nur um Gerechtigkeit, Feminismus und die Relikte der Sklaverei. Es geht um einen ganzen Kosmos.
„A Black Hole Is Everything a Star Longs to Be“ - so der überaus poetisch klingende Titel der Ausstellung - ist auch so ein Satz, in dem potenziell alles drin steckt: Tatsachen und Theorien, die die Astronomie betreffen, aber auch der Gegensatz des leuchtend Hellen zum vernichtenden Schwarz. Davon abgesehen, dass ein Star im Englischen zwei Bedeutungen hat. Als Walker (Jahrgang 1969) die Worte 2012 auf eine lange Papierrolle geschrieben hatte, wusste sie selbst noch nicht genau, was sie damit ausdrücken wollte. Direkt davor schrieb die US-Amerikanerin übrigens Folgendes: „The Sweet Sweet Smell of Success and the Stench of Ingratitude...“, der süße Duft des Erfolgs und der Gestank der Undankbarkeit. Darunter sieht man die Zeichnung einer Schwarzen Frau – nackt, zusammengekrümmt –, die sich auf den Schuh eines Weißen Mannes erbricht, statt ihn zu putzen. Es geht also um Machtverhältnisse und darum, sie zu bekämpfen. Unter anderem.
Das Universum, das die Künstlerin in der Ausstellung, die zuvor in ähnlicher Form im Kunstmuseum Basel zu sehen war, ausbreitet, besteht aus einer kaum zu bewältigenden Anzahl von Schnipseln, Notizen, Zeichnungen, Fragmenten und Texten aus den vergangenen 28 Jahren, mal filigran auf Papier gehaucht, mal derb gekritzelt, mal farbenfroh, meist nicht. Die Techniken variieren, Gouache, Collage, Tusche, Bleistift, Pastellkreide, Scherenschnitt.