"Deutschland befindet sich auf der Verliererstraße"
n-tv
Steigende Energiepreise, weniger Investitionen, fehlende Fachkräfte und starke Abhängigkeiten: Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle. Spitzenverbände blicken mit Sorge in die Zukunft - und machen auch die Ampel-Regierung für die Krise verantwortlich.
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Flaute fest. Der erhoffte Frühjahrsaufschwung ist ausgeblieben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Zahlen mitgeteilt hat. Die Aussichten für die kommenden Monate haben sich nach Einschätzung von Ökonomen zudem eingetrübt. Der Internationale Währungsfonds erwartet für dieses Jahr ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um 0,3 Prozent. Die Bundesregierung erwartet nach der im April vorgelegten Frühjahrsprojektion für dieses Jahr ein BIP-Plus von 0,4 Prozent.
"Deutschland befindet sich wirtschaftlich auf der Verliererstraße, insbesondere im internationalen Vergleich", sagte Industriepräsident Siegfried Russwurm. "Die Konjunkturindikatoren zeigen leider alle nach unten, also komplett in die falsche Richtung." Laut aktuellem IWF-Wachstumsausblick sei die deutsche Volkswirtschaft die einzige unter den 22 untersuchten Ländern und Regionen, in der das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr zurückgehe. "Das muss ein Industrie- und Exportland, wie es Deutschland ist, alarmieren", so der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie.
Substanzielle Unterstützung aus dem politischen Umfeld, gerade in einer so schwierigen Situation, sei noch Mangelware, kritisierte Russwurm. "Es geht längst nicht nur um Geld: Wir machen keine Fortschritte beim Bürokratieabbau. Wir machen keine Fortschritte beim Thema Genehmigungsbeschleunigungen." Es gebe zu kleine Fortschritte, das Energiesystem der Zukunft und seine Kosten in den Griff zu bekommen. "Ich glaube, in der Politik setzt sich die Erkenntnis langsam durch, dass wir nicht von blühenden Landschaften und einem neuen Wirtschaftswunder sprechen, sondern von einer krisenhaften Situation der deutschen Wirtschaft", so Russwurm.
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