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Twitter, Facebook, YouTube, TikTok: Stammeskriege im Netz
Frankfurter Rundschau
Viele glauben, auf ihrer Lieblingsplattform sind die Menschen besser als woanders. Woher kommt solches Stammesdenken?
Wenn ich mein Fahrrad in einem anderen Stadtteil von Berlin abstelle als in dem, den ich bewohne, schließe ich es immer besonders sorgfältig ab. Denn bestimmt wohnen in diesen anderen Stadtteilen lauter Menschen, die sich nichts dabei denken würden, mein Fahrrad zu stehlen. Nicht so wie bei mir zu Hause.
Mein Fahrradabschließreflex hat nichts mit Fakten zu tun. Der Stadtteil, in dem ich wohne, liegt in der Fahrraddiebstahlstatistik im Mittelfeld, und selbst das habe ich gerade erst für diese Kolumne recherchiert. Es ist nur so ein Gefühl, dass die Welt im Nachbarstadtteil für mein Fahrrad gefährlicher ist als meine vertraute Gegend.
Haha, die irrationale Frau Passig, werden Sie jetzt im Verbreitungsgebiet der Frankfurter Rundschau sagen. Aber man muss nicht in Berlin wohnen und nicht mal ein Fahrrad besitzen, um so zu denken. Im Netz ist es genauso. Die Menschen bei Twitter zeigen verächtlich auf Facebook, Instagram, Telegram oder YouTube, weil dort angeblich die „Querdenker“ oder die Nazis wohnen. Bei Facebook, Instagram, Telegram, Whatsapp, Youtube und TikTok wird gleichfalls in Richtungen gedeutet. Die eigene Lieblingsplattform beherbergt immer die besseren Menschen und die rationaleren Argumente, während die Feindbildplattform voller Dullis ist.