Künstler Tony Cragg: Der Landschaftspfleger und die Bildhauerei
Frankfurter Rundschau
Das Werk des Briten Tony Cragg zählt zur Weltkunst. Einen Wald-Hang über Wuppertal verwandelte er zum unvergleichlichen Natur und- Skulpturenrefugium Waldfrieden. Ein Besuch.
Hoch überm Tal der Wupper, ein für gewöhnlich friedlicher Fluss, der unlängst jedoch noch zerstörerisch über seine Ufer floss, Häuser, Autos, Infrastruktur wegspülte, erhebt sich der Naturpark Waldfrieden, 14 Hektar Hang-Wald zwischen Christbusch und den Stadtteilen Elberfeld und Barmen. Am Eingang grüßt ein uralter Mammutbaum, ausgewiesen als Naturdenkmal. Später gehts vorbei an Weiß-, Trauer- und Purpurbuchen, Ahorn, Linden, Kastanien, Robinien, Lärchen, Eichen, an Blutpflaumen, Quitten- und Gingko-Bäumen. Seitwärts wachsen Fliederbüsche, Blauregen und Rhododendron. Und an etlichen Stellen Exotisches: Stern- und Tulpenmagnolien, japanischer Fächerahorn, ein chinesischer Lebkuchenbaum. Reibt man seine Blätter, riecht’s weihnachtlich. Was sich unlängst zum Schrecken der Bewohner als Sintflut auch über Wuppertal ergoss, wurde hier oben vom Waldboden aufgesogen. Das Naturrefugium samt seiner historischen Gebäude und der Kunst blieb wie durch ein Wunder unbeschadet. Tony Cragg wertet es als Zufallsgeschenk der auf die rücksichtslose Menschheit zornigen Natur. Der berühmte Bildhauer aus Liverpool ist hier oben der Landschaftspfleger. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, hat Karl Valentin gesagt. Cragg kommt in Jeans und Turnschuhen den steil ansteigenden Waldweg hoch und sagt, er könne dem alten deutschen Komiker nur beipflichten. Vor 15 Jahren hat der Turner- und Praemium-Imperiale-Preisträger den herrenlosen, völlig verwilderten Waldpark gekauft. Der mittlerweile 72-jährige Erfinder völlig neuer Skulpturenformen, gefeiert auf Documenta und Venedig Biennale, wurde hier oben zum Natur- und Denkmalschützer. Und ein Baumkenner vor dem Herrn.More Related News