Gibt es einen Dominoeffekt bei Kündigungen?
Frankfurter Rundschau
Eine Mitarbeiterin fängt an, schon folgt eine ganze Handvoll Kolleginnen und Kollegen: Können Kündigungen tatsächlich ansteckend sein? Und wie geht ein Team damit am besten um?
Tübingen/Köln - Verlässt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin in Schlüsselfunktion das Team, kann das für die Zurückbleibenden belastend sein. Im schlimmsten Fall aber löst die Person eine Art Schneeballeffekt aus, und auch andere lassen sich von Kolleginnen und Kollegen zur Kündigung inspirieren.
In der Wissenschaft wird dieses Phänomen unter dem Begriff „Turnover Contagion“ untersucht. Frei übersetzt etwa: Ansteckende Personalfluktuation. Inwieweit die Kündigungen tatsächlich „ansteckend“ sein können, lässt sich wissenschaftlich schwer überprüfen, gibt Armin Trost, Psychologe und Professor für Human Resource Management der Fakultät Wirtschaft an der Hochschule Furtwangen zu bedenken.
Ob wirklich die Entscheidung eines Teammitglieds allein ausschlaggebend für eine weitere Kündigung sein kann, bezweifelt der Experte daher. Er führt einen möglichen Domino-Effekt eher auf eine dritte Variable zurück. „Sind die Arbeitsbedingungen ungünstig, und zum Beispiel der Chef mies, ist es nicht verwunderlich, wenn es erst für den einen, dann für den nächsten Grund ist, das Unternehmen zu verlassen.“
Das sehe dann vielleicht so aus als hätten sich die Mitarbeiter mit dem „Kündigungsvirus angesteckt“. Letztendlich seien die Entscheidungen aber auf den gleichen Auslöser zurückzuführen.
Der Psychologe sieht aber, dass die Kündigung eines geschätzten Kollegen oder einer Kollegin in gewissem Maße ein Botschaft an andere sein kann. „Die Botschaft: Da gibt es etwas Besseres.“ Das könne die Entscheidung anderer beeinflussen. Weil aber kaum jemand den Schritt zur Kündigung leichtfällig geht, ist ein solches Signal Trosts Einschätzung zufolge eher ein untergeordneter Effekt in der Gesamtheit des Entscheidungsprozesses.