Gegen das System
Süddeutsche Zeitung
Anna Bergmann inszeniert Christa Wolfs "Medea. Stimmen". Sie will am Staatstheater Karlsruhe die Leitungsstruktur umkrempeln
Diese Medea ist keine Kindsmörderin, keine Brudermörderin und auch nicht die Mörderin der Braut ihres Geliebten. Sie ist eine Gefangene, das schon, aber das sind alle hier, in diesem faszinierenden Glaskastenlabyrinth, mit dem Jo Schramm die Bühne im Staatstheater Karlsruhe vollgestellt hat. Sie, Medea, kennt die Geheimnisse der Städte, egal ob Kolchis oder Korinth, sie kennt die Abgründe deren Herrscher, die ihre Macht auf der Ermordung der eigenen Kinder bauten. In dieser Medea gerinnen Jahrtausende eines Mythos, und nun sitzt Sarah Sandeh da, die diese Medea mit rauer Emotionalität, mit Liebe und Stolz füllt, Glutofen einer selbstbewussten Frau: "Ich bin keine junge Frau mehr, aber wild noch immer, das sagen die Korinther, für die ist eine Frau wild, wenn sie auf ihrem Kopf besteht."