Das Land, das sich selbst das Wasser abdreht
Die Welt
In Brasilien spielen sich dystopische Szenen ab: Städte verschwinden hinter Sandwolken, aus Flüssen, die kaum noch Wasser führen, tauchen versunkene Straßenzüge wieder auf. Immer mehr Länder Südamerikas kämpfen mit Extremwetterlagen und deren Folgen.
Die älteren Einwohner von Rubineia staunten vor einigen Tagen nicht schlecht. Wie aus dem Nichts tauchte die alte Eisenbahntrasse des Bahnhofs Presidente Vargas plötzlich wieder auf, genauso wie das alte Sägewerk und Teile der Altstadt. Von den historischen Bauwerken hatten sich die Menschen in dem Städtchen direkt am Rio Paraná 1970 eigentlich für immer verabschiedet. Damals wurden Teile der Stadt, die genau an der Grenze zwischen den Bundesstaaten São Paulo und Matto Grosso liegt, für den Stausee Ilha Solteira geflutet.
„Man sieht noch den alten Wassertankaufbau am Bahnhof, wo die Waggons gereinigt wurden“, sagt Rubineias Tourismuschef Evandro Santos. Am plötzlich sehr breiten Ufer schimmert dem Besucher nun rötlicher Sand statt blauem Wasser entgegen. Zuletzt trat dieses Phänomen 2004 auf, doch so tief wie diesmal stand das Wasser schon lange nicht mehr. Was für den lokalen Tourismus ein kleines Spektakel sein mag, für Brasilien Stromversorgung ist es eine schlechte Nachricht.