Corona-Politik in China: Hilft der Lockdown gegen Omikron?
Frankfurter Rundschau
Das Auftauchen der hochinfektiösen Corona-Variante Omikron in China könnte die Null-Covid-Strategie des Landes an ihre Grenzen bringen.
Peking – Bis zuletzt hofften viele in China darauf, dass diese Nachricht nicht kommen würde: Am Samstag (08.01.2022) wurde ein Paar aus der Küstenstadt Tianjin positiv auf die Omikron-Variante des Corona-Virus getestet, am Sonntagmorgen (09.01.2022) bestätigte das Staatsfernsehen die schon weidlich kursierenden Spekulationen: Es handelt sich um die ersten solchen Fälle des Landes – wenn auch lokal (noch) begrenzt. Inzwischen wird von mindestens 20 damit zusammenhängenden Infektionen gesprochen.
Für China ist dies das denkbar schlimmste Szenario. International führende Virolog:innen warnen seit Tagen schon davor, dass die hochinfektiöse Mutante eine grundlegend neue Situation herstellt. Unlängst hat auch der deutsche Virologe Christian Drosten China als seine „größte Sorge“ bezeichnet. Denn wie Drosten glauben die Mehrheit der internationalen Fachleute, dass angesichts des hochinfektiösen Omikron eine Null-Covid-Politik zum Scheitern verurteilt ist. Trotz strikter Quarantäne- und Lockdown-Regeln lasse sich die Verbreitung der Variante nicht mehr aufhalten.
Erschwerend kommt hinzu, dass die in China zugelassenen Totimpfstoffe von Sinopharm und Sinovac scheints nicht ausreichend gegen Omikron schützen. Und aufgrund der – zumindest offiziell – extrem niedrigen Infektionszahlen im Reich der Mitte ist auch die „natürliche“ Immunität weitaus geringer als in anderen Ländern. Nur etwas mehr als 100.000 Menschen haben sich innerhalb der Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen mit dem Virus infiziert, heißt es.
Schon in den vergangenen Tagen hat sich angedeutet, dass China mit seiner radikalen und bisher auch erfolgreichen Null-Covid-Strategie an die Grenzen kommt. Seit zweieinhalb Wochen ist die nordwestliche Metropole Xi’an komplett abgeriegelt, die 13 Millionen Menschen dort dürfen nur mehr zum verpflichtenden Covid-Test auf die Straße. Dabei waren die Zahlen im internationalen Vergleich zu keinem Zeitpunkt besorgniserregend: Seit Beginn des Ausbruchs in Xi’an haben die Gesundheitsbehörden weniger als 2000 Infektionen registriert. Unter diesen ist bislang niemand am Virus verstorben.
Dennoch reagierten die Behörden drastisch. Und die Kollateralschäden der chinesischen Lockdown-Politik haben sich selten so brutal offenbart. Am Neujahrstag etwa verweigerten die Mitarbeiter des Gaoxin-Spitals im Südwesten der Stadt einer hochschwangeren Frau den Einlass, da ihr negativer Covid-Test um vier Stunden abgelaufen war. Ehe das Resultat des neuen Virustests vorlag, erlitt sie eine Fehlgeburt.