Analoge Träume
Süddeutsche Zeitung
Die Doku "An Impossible Project" porträtiert den Mann, der das letzte Polaroid-Werk vor der Schließung bewahrt hat. Ein Erfolgsmodell?
Nach unzähligen Videokonferenzen, Geburtstags- und Weihnachtsgrüßen per Zoom oder Teams klingt Digital Detox nicht nach Verzicht, sondern wie ein uneingelöstes Versprechen. Endlich wieder mit Kollegen beim Kaffee sitzen, wieder Popcornduft im Kino riechen, ohne den Gedanken an den Mundnasenschutz der Knurpsler! "Je digitaler die Welt, desto analoger die Träume", heißt es in Jens Meures Dokumentarfilm.
Er porträtiert einen Mann, der dem Charme des Analogen schon lange erlegen ist: Florian "Doc" Kaps ist ein verrückter Österreicher, der 2008 von seinen gesamten Ersparnissen das letzte Polaroid-Werk aufkaufte, zu einer Zeit also, da gerade das erste IPhone auf den Markt gekommen war. Damals eine Fabrik für Sofortbildfilm zu übernehmen, schien betriebswirtschaftlicher Wahnsinn.
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Meurer hat Kaps über Jahre hinweg begleitet, "An Impossible Project" zeichnet das Porträt dieses kauzigen Visionärs, ist vor allem aber eine Hymne auf alles Analoge, auf Druckmaschinen, Telefonzellen und Jukeboxen, Schreibmaschinen oder Tastentelefone. Die digitale Revolution verdrängt ja so vieles. In einer mit melancholischer Woody-Allen-Musik unterlegten Einstellung zu Beginn wird ein Firmengebäude des Kamera- und Fotomaterial-Herstellers Eastman Kodak gesprengt, danach ist - fast körperlich quälend - zu sehen, wie Schallplatten, Film- und Fotokameras geschreddert werden.
Kaps' Versuch, die Instant-Fotografie zu reanimieren, sah lange nicht nach einer Erfolgsgeschichte aus. Der Name seiner Firma, "Impossible", schien mehr als passend. Kaps hatte keine Ahnung, wie man Instant-Film überhaupt produziert; er durfte den Namen Polaroid nicht verwenden und musste feststellen, dass die Chemikalien, die er für sein Produkt benötigte, nicht mehr hergestellt wurden. Eine eigene Rezeptur zu entwickeln, erwies sich als fast unlösbare Aufgabe.