„hart aber fair“ im Ersten: Moderator Klamroth gibt klein bei
Frankfurter Rundschau
„Über eine Million Menschen suchen Zuflucht: Deutschland an der Belastungsgrenze?“: In Louis Klamroths Talkrunde geht es mal nicht um den Ukraine-Krieg.
Frankfurt am Main – Nachdem sich Moderator Louis Klamroth in seiner letzten Talk-Runde als etwas zu hilflos gegenüber dem Politik-Schwergewicht und Talkshow-Profi Sahra Wagenknecht erwiesen hatte, gönnte ihm seine Redaktion diesmal wieder einen – auf den ersten Blick – pflegeleichteren Gesprächskreis. Aber auch dessen teilweisen naiven bis unbedarften Argumenten hatte er wenig Substantielles entgegenzusetzen. Er flüchtete sich, wenn er nicht mehr weiter wusste, zu seinem Sidekick Brigitte Büscher, die ihm mit ihren Publikumsbefragungen ein wenig Luft verschaffte. Eine trügerische Atempause, den seit der Übernahme von „hart aber fair“ in der ARD wird man einfach den Verdacht nicht los, dass Frank Plaßbergs Fußstapfen doch ein wenig zu groß sind für seinen Nachfolger.
Dabei bot der „Opening“-Einspieler über den von den Medien rauf und runter „gebeteten“ Fall „Lörrach“ schon genügend Zündstoff, um einen ganzen Abend zu gestalten: Da findet sich in einer Stadtverwaltung kein Mensch, der intellektuell in der Lage ist, einen empathischen Brief an jene zu formulieren, denen man eigentlich was „Gutes“ tun will. Denn die Bewohner einer in die Jahre gekommenen Siedlung, sollen jetzt vorzeitig in modernere Wohnungen umziehen, damit man bis zum Abriss der maroden Häuser dort ukrainische Flüchtlinge unterbringen kann.
Eigentlich eine Win-win-Situation für alle. „Aber so schlecht kommuniziert“, wie Britta Haßelmann sich zu Recht empört, „dass man die Leute eher vor den Kopf schlägt!“
Jens Spahn versucht ein wenig zu relativieren, in dem er auf die angespannte Situation in den Kommunen hinweist, „die einfach am Limit sind.“ Und auch Isabel Schayani findet Lörrach „ein unverhältnismäßiges Beispiel.“ Das ist die Steilvorlage für Landrätin Tanja Schweiger von den „Freien Wählern“, um sich ins rechte Licht zu rücken: Sie hat in Regensburg ein Schiff angemietet, um Geflüchtete nicht in Turnhallen und Zelte zu stecken und dadurch den sozialen Frieden zu gefährden: „An diesem Ort, mit täglicher Verpflegung und sanitären Einrichtungen, ist ein autarkes Leben möglich.“
Tareq Alaows will ihr diesen Triumph partout nicht gönnen und schwadroniert von einem Flüchtling in Regensburg, der sich selbst eine Wohnung gesucht und auch mieten hätte können, wenn die Behörde es ihm denn erlaubt hätte: „Das muss per Bundesgesetz geändert werden!“. „Das glaube ich einfach nicht“, lässt Frau Schweiger ihn abblitzen – und ein kleiner Konfliktstoff für den Abend zeichnet sich ab. Denn auch Jens Spahn, der sich für menschenwürdige Flüchtlingslager an den europäischen Außengrenzen starkmacht, wo die Asylanträge dann bearbeitet werden können, gerät ins Visier des mehr moralisierenden denn argumentierenden „ProAsyl“-Sprechers: „Bei wem wollen sie denn dann eine Grenze ziehen?“