
Russen erfüllen sich in Mariupol den Traum vom Leben am Meer
n-tv
Vor etwas mehr als einem Jahr legt die russische Armee Mariupol in Schutt und Asche. Jetzt wollen die Besatzer die Stadt wiederaufbauen. An Menschen, die dort eine Immobilie kaufen wollen, fehlt es offenbar nicht. ntv.de hat fünf von ihnen kontaktiert. Was zieht Russen in die zerbombte Stadt am Meer?
Eingestürzte Wohnblocks, zerstörte Schulen, Massengräber, Tote auf den Straßen, in Kellern, im Supermarkt, überall: In den ersten Monaten nach der Invasion hat die russische Armee Mariupol nahezu vom Angesicht der Erde getilgt. Nach UN-Angaben wurden in der südukrainischen Großstadt 90 Prozent aller Mehrfamilienhäuser zerstört. Mehr als ein Jahr nach ihrer Einnahme durch die Russen wird in der einstigen Großstadt im Süden der Ukraine gebaut, was das Zeug hält - zumindest wenn man offizieller Propaganda und russischen Telegram-Kanälen glaubt. Sie zeigen erfolgreiche Neubauprojekte und präsentieren diese als eine große Leistung der neuen Besatzer-Regierung. Dass auf den Fotos oft dieselben Objekte zu sehen sind - etwa eine Neubau-Siedlung, die Kremlchef Wladimir Putin im März besucht hatte - scheint in den russlandfreundlichen Gruppen niemanden zu stören.
Ukrainische Telegram-Kanäle offenbaren ein ganz anderes Bild: Ein erheblicher Teil der Stadt steht weiterhin in Trümmern. Auch russische Krim-Touristen, die seit dem zweiten Angriff auf die Kertsch-Brücke im Juli vermehrt über die besetzten Gebiete im Süden der Ukraine auf die Halbinsel anreisen, machen in Mariupol oft Halt, um berühmte Orte wie das zerstörte Theater, in dem bei einem russischen Beschuss im März 2022 nach unterschiedlichen Angaben bis zu 600 Zivilisten starben, oder das Asow-Stahlwerk zu besichtigen und ein paar Fotos vor den Ruinen zu schießen.
Trotz der vielen Zerstörungen und der Nähe zur Front entscheiden sich einige Russen nicht nur, ihre Urlaubsreise in der zerbombten Stadt zu beginnen, sondern auch ihren Wohnort nach Mariupol zu verlegen. Die Lage direkt am Meer und kriegsbedingt niedrige Preise sind die beiden Faktoren, die aus ihrer Sicht für eine Immobilien-Investition in der besetzten Stadt sprechen. Viele der Käufer glauben, Mariupol werde für immer russisch bleiben und in naher Zukunft ein Tourismus-Hotspot werden.
