Phänomen Placebo: Warum so viele Menschen jetzt Modekrankheiten haben
RTL
Viele Menschen diagnostizieren bei sich selbst eine sogenannte Modekrankheit, allerdings ohne ärztliche Hilfe.
Haben Sie schon einmal etwas von der Eisenbahnkrankheit gehört? Vermutlich nicht. Das war nämlich eine sogenannte "Modekrankheit" aus dem 19. Jahrhundert und betraf viele Menschen, die sich zum ersten Mal in das neuste Fortbewegungsmittel wagten, nämlich in die Eisenbahn.
Durch das Ruckeln und Zuckeln fühlten sich die Fahrgäste krank und klagten über verschiedene Beschwerden. Dazu gehörten etwa zittern, Ermüdung oder Verdauungsstörungen, alles bekannte Krankheitsbilder, unter denen Menschen auch noch heutzutage leiden.
Denn Modekrankheiten sind ebenfalls in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts vertreten. Das liegt überwiegend daran, dass auffallend viele Menschen sich selbst eine Diagnose stellen und auf einmal denken, sie hätten eine Krankheit wie eine Glutenunverträglichkeit, ADHS oder Burnout. Ausgelöst werden sie meist durch Faktoren wie Stress oder Überarbeitung, weswegen eine genaue Untersuchung bei einer Ärztin oder einem Arzt vonnöten ist. Welche Krankheiten außerdem dazu gehören, erfahren Sie im Video.
Wichtig ist, die Leiden der Betroffenen ernstzunehmen. Das unterstreicht Dr. Nina Buschek, Gesundheitsexpertin der "Apotheken Rundschau", im RTL-Interview: "Wenn wir von Modekrankheiten sprechen, dann dürfen wir nicht suggerieren, dass es diese Krankheiten nicht gibt. Man tut den Menschen auf jeden Fall Unrecht, denn die Krankheit existiert und es gibt auch Menschen, die ernsthaft darunter leiden."
Denn "Bei Modekrankheiten ist eben das Problem, dass sie mehr Aufmerksamkeit bekommen, als sie verdient hätten, weil die Krankheit vielleicht häufiger bei den Ärzten diagnostiziert wird". Manche Patientinnen und Patienten stellen sich laut Dr. Buschek selbst eine Laktoseintoleranz oder eine Glutenunverträglichkeit und fangen eigenständig an, entsprechend zu essen, obwohl es gar nicht medizinisch diagnostiziert sei.
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Häufig hat es auch mit dem Zeitgeist etwas zu tun, weswegen besonders eine Krankheit in aller Munde ist: Burnout.
"Das Paradebeispiel ist das Burnout, das ist eine Modekrankheit, die in den Zeitgeist passt, weil wir in einer Leistungsgesellschaft leben, in der es gut ankommt, wenn wir uns überanstrengen, bis wir nicht mehr können", sagt Dr. Buschek. "Die Beschwerden sind in irgendeiner Weise schick und ein bisschen positiv besetzt."