Parallelen zwischen NSU und Terror in Hanau: „Menschen wurden zu Zielscheiben gemacht“
Frankfurter Rundschau
Zwischen dem Anschlag von Hanau und dem NSU gibt es viele Parallelen, aber auch Unterschiede. Die Ideologie des NSU und des Mörders triefte vor Hass, auf „das System“.
Hanau - Kurz vor dem rassistischen Terroranschlag von Hanau lieh sich der Attentäter bei einem Händler eine Ceska – mit dieser Waffenmarke mordete auch der NSU. Der 43-Jährige soll für das deutsche Neonazimagazin „Der Weiße Wolf“ gespendet haben, das sich bei der rechtsterroristischen Vereinigung in einem Vorwort im Jahr 2002 bedankte. Und auf seiner Website war ein weißer Wolf mit blauen Augen abgebildet, ein Symbol, das für das Prinzip des sogenannten führerlosen Widerstands steht, auf den sich der NSU bezog.
Vor zehn Jahren, am 4. November 2011, ist der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund aufgeflogen. Wer sich mit dem Anschlag von Hanau und dem NSU-Terror auseinandersetzt, stößt bei Einzelheiten, aber auch bei Entwicklungen und Hintergründen auf Parallelen. Benno Hafeneger, Erziehungswissenschaftler mit den Schwerpunkten Rechtsextremismus und Jugendkulturen, sagt: „In beiden Fällen haben die Täter:innen eine Schwelle übertreten. Sie haben nicht nur auf der Straße oder im Netz ihre Ansichten verbreitet, sondern gemordet, um die eigene Ideologie umzusetzen“. In den vergangenen Jahren geschah dies in Deutschland und anderen Ländern immer wieder; auch die rechtsradikalen Täter in Halle und am Olympia-Einkaufszentrum in München übertraten die Schwelle.
Die Ideologie des NSU und des Mörders von Hanau „trieft vor Hass, auf ,das System‘, auf Politiker und besonders auf Menschen, die angeblich nicht dazugehören“, erklärt der Marburger Wissenschaftler, der Sachverständiger im hessischen NSU-Ausschuss war. „Es ist ein enges, völkisches Denken: Wer nicht zu uns gehört, muss weg.“ Hinzu komme, dass die Terrorist:innen das eigene Versagen im Leben politisierten und Schuldige dafür suchten. Der Hanauer Täter etwa hatte nie eine Freundin, keine Arbeit und lebte bei seinen Eltern.